1. Die Akt-Sitzung geht weiter


    Datum: 31.05.2019, Kategorien: Kunst, Autor: Anonym

    ... nie gekommen. Wächst mir da eine Konkurrenz heran? Oder könnte es eine gute Freundin werden. Sie hat es auf den Martin abgesehen. Ich entscheide mich für Freundin.
    
    „Weißt du was, Grit? Wenn du das wirklich willst, dann wäre doch heute der beste Tag, die beste Zeit und der beste Ort dafür. Die Stimmung ist gut und locker, du bist nicht ganz alleine hier nackt und der Martin, der ist auch hier. Was meinst du, willst du es nicht versuchen? Lass doch deine Sachen einfach hier oder packe sie in einen Beutel und spaziere ganz einfach nackig oben rein, als wenn nichts wäre. Da wird bestimmt niemand was dagegen haben. Ich auch nicht.“
    
    „Meinst du wirklich? Oh, Mensch, wäre das schön, wenn ich mir das trauen würde. Gut, ich überlege es mir. Gehe du mal lieber wieder hoch, sie werden schon auf dich warten. Ich komme nach, ja?“
    
    „Aber ohne Klamotten!“ hake ich noch nach und gehe wieder an meinen Arbeitsplatz. Ob sie sich überwinden kann? Einfach wird es nicht für sie werden, weil sie schon so oft gezögert und abgebrochen hat. Das verfestigt die Angst. Da wachsen die Hemmungen. Das kenne ich vom Zahnarzt.
    
    Oben im Dachatelier hat Andreas das Ruder wieder in die Hand genommen. Es soll jetzt ernsthaft zur Sache gehen.
    
    Auf dem Podest liegt jetzt eine Matratze mit einem Laken darüber.
    
    Andreas sagt: „ Du hast jetzt gleich den schönsten Job von allen hier, Johanna, du sollst dich schlafen legen, einfach so, wie du es immer machst. Ist ein Wunsch von Helmut.“
    
    Nichts ...
    ... leichter als das. Ich klettere also auf die Matratze und rolle mich ein, wie ein Igel. So schlafe ich fast immer. Die Oberschenkel an den Bauch gezogen, die Hände auf den Kniescheiben und die Nase dazwischen. Ich richte mich so ein, dass ich zwischen den Knien hindurch die Tür im Auge behalte. Ich will den Auftritt von Grit ja schließlich nicht verpassen. Von einer Seite sieht man jetzt nur noch meine Haarflut und meine Knie mit Schienbeinen. Von der anderen Seite sieht man meinen Rücken, meine Pobacken und dazwischen zwei runde Partywürstchen mit einem Schlitz dazwischen und natürlich mein Poloch. Mostrich sollte nicht dran sein. Ich war ja gerade auf dem Klo und habe alles noch mal
    
    kontrolliert. So gefällt es mir.
    
    Die Frauen finden, dass ich jetzt aussehe, wie ein großes Baby ohne Schnuller oder wie ein Osterei und sie finden das sehr interessant. Die Männer auf
    
    der Kopf- und Haar-Seite wechseln die Position und interessieren sich mehr für meine Partywürstchen. Verfressen, wie sie nun mal sind. Dadurch wird der Blick zur Tür für mich ganz frei und auch ich bin zufrieden.
    
    Grit ist nicht zu sehen. Wo bleibt die nur? 12 Minuten sind schon vorbei, seit wir uns abgesprochen hatten. Ich zweifle an ihrem Mut.
    
    Ich kann ja jetzt noch nicht wissen, was sie mir dann eine Stunde später erzählen wird:
    
    Sie hatte geübt, um sich erst langsam an das Gefühl zu gewöhnen. In der Toilette hatte sie sich ausgezogen und war ganz vorsichtig
    
    und pudelnackt ins Treppenhaus hinaus ...
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