Mousse au Chocolat
Datum: 24.04.2023,
Kategorien:
CMNF
Autor: Tuck
---
Es war vor einigen Jahren gewesen. Er hatte soeben seinen ersten Posten als Botschafter angetreten. Am Abend seiner Anreise hatte die Präsidentin des Landes ein großes Fest ausgerichtet. Krogmann war als persönlicher Ehrengast eingeladen. Für die mehreren hundert Gäste lief ein Varieté-Programm auf einer Bühne im Saal, ergänzt wurde es durch das bei solchen Gelegenheiten übliche mehrgängige Menü. Höhepunkt und Abschluss der Show war eine Nummer gewesen, in der acht Tänzerinnen modernen Tanz mit Akrobatik kombiniert hatten. Während die Nummer lief, kam die Präsidentin an Krogmanns Tisch und setzte auf einen freien Stuhl neben ihn. Sie tauschten die üblichen diplomatischen Höflichkeiten aus. An Ende der Tanznummer blieben die acht Tänzerinnen in der Abschlusspose auf der Bühne stehen. Ihre perfekten Körper. kaum bedeckt von den knappen Kostümen - glänzten schweißnass. Krogmann erhob sich und applaudiert mit den anderen Gästen. Das Fest ging langsam zu Ende, was Krogmann recht war. Er war erschöpft vom Tag, aber als Ehrengast konnte er nicht als erster gehen, ohne die Gastgeber zu verärgern. Plötzlich fragte die Präsidentin ihn
„Wie haben sie ihnen gefallen?“.
„Es war ein wundervoller Tanz, die Frauen eures Landes sind sehr schön“, antwortete Krogmann diplomatisch. Die Präsidentin nickte, schien sich aber damit nicht zufrieden geben zu wollen.
„Hat ihnen eine davon besonders gefallen?“, hakte sie nach. Krogmann sah sie nur fragend an, diese Frage war eigentlich ...
... etwas zu direkt für den üblichen Smalltalk.
Die Präsidentin schien sein Zögern nicht zu stören.
„Es ist so, dass es in unserem Land den Brauch gibt, dass ein Gast die erste Nacht niemals allein verbringen darf. Wir glauben, dass das Unglück bringt. Also, wenn ihnen eine der Tänzerinnen gefallen gesagt, dann sagen sie es mir und sie wird ihnen heute Nacht Gesellschaft leisten.“
Als Krogmann zögerte, fuhr sie beiläufig fort - „Oh, falls ihnen keine der Tänzerinnen zusagt, können sie natürlich gern auch jede andere Dame wählen, es wäre mir eine Ehre, das für sie zu arrangieren.“
Krogmann zögerte. Er wusste nicht so recht, was er von der Sache halten sollte, also versuchte er es mit einem halbherzigen Scherz:
„Das ist sehr freundlich, aber was würde denn der Ehemann der Auserwählten sagen?“.
Die Präsidentin zuckte mit den Schultern.
„Wissen sie, in unserer Kultur zählt Gastfreundschaft sehr viel. Eifersucht und eheliche Treue sind uns eher fremd. Der Ehemann wäre stolz darauf, dass sie seine Frau ausgewählt haben.“
Krogmann – immer noch unsicher- überlegte was er tun sollte.
War das ein Scherz? Ein Test? Eine Falle? Oder wirklich nur eine höfliche Geste?
Um Zeit zu gewinnen griff er zum letzten Gang des Menüs. Ein kleines Glas, gefüllt mit einem dunkelbraunen Dessert, sorgfältig dekoriert mit kleinen Stücken von Nüssen oder Mandeln. Nachdenklich schob er einen ein Löffel in den Mund. Das Angebot komplett ablehnen konnte er nicht. Die Tänzerinnen waren ...