1. Sterne


    Datum: 05.05.2024, Kategorien: Romantisch Autor: postpartem

    ... unfassbaren Reigen sich immer weiter steigernder körperlicher Empfindungen, die nicht von Berührung ausgelöst wurden.
    
    Hatte ich nach fast einer halben Stunde dieser Qual, das Gefühl, es nicht mehr ertragen zu können, ohne den Verstand zu verlieren. Gleichzeitig das Gefühl, ohne jedwede Berührung kommen zu können. Was trog.
    
    Es gab keine Erlösung, keine Gnade, kein Mitleid. Keine Hoffnung. Wollten meine Hände all dem ein Ende bereiten, aber sie griff meine Handgelenke und wehrte alle verzweifelten Versuche von mir ab, völlig ohne Kraft, wie beim Tai-Chi, einfach nur ablenkend, einfach nur meine Bewegungsrichtung ändernd.
    
    "Hör bitte auf, ich ertrag es nicht mehr", klagte meine Stimme sie und ihren Körper an.
    
    "Ja. Ich fühle es."
    
    Fasste sich in ihren Slip. Führte einen Finger mit ihrem Geschmack in meinen Mund. Zog ihn wieder zurück und näherte sich mit ihren Lippen. Küsste mich ganz leicht und zog die Lippen wieder zurück, strich leicht mit ihrer Wange über mein Gesicht und flüsterte mir ins Ohr.
    
    "Bald. Wirst du in mir sein. So tief in mir sein. Werden wir eins sein. Für immer eins sein. Werden wir uns erfüllen. Werden wir Sterne sehen. Und Sterne sein. Bald. Bald. Bald."
    
    Das konnte kein Mensch sein. Kein Mensch konnte so viel Verheißung und gleichzeitig so viel Grausamkeit einem anderen Menschen anbieten, so tief und heftig in der Seele eines anderen Menschen wühlen, so auf ein einziges Gefühl übermächtiger Sehnsucht reduzieren. Ich verging nach ihr, ...
    ... alles, was ich war, verging in dieser Sehnsucht.
    
    Schwang auswärts und kehrte mit einer Melodie zurück. Die alles sprengte, alles reinigte, alles neu ordnete. Alles aus mir hervorholte. Allen Schmerz, alle Verzweiflung, Schuld, Angst, Hoffnung. Einsamkeit. Brach alles aus mir in einer nicht enden wollenden Tränenflut aus mir hervor. Liebe und Tod. Tilly. Tilly. Tilly. Verging in einer Supernova. Formte aus dem Sternenstaub Musik.
    
    Ich sah nicht einmal, dass sie sich anzog, kam erst wieder zu mir, als sie mich ebenfalls mit Tränen in den Augen noch ein letztes Mal küsste und dann aus der Wohnung rannte. Mich zurückließ, im tiefsten Wesen erschüttert und doch nicht allein.
    
    Denn da war nicht nur die Melodie, das Lied, was alle vorherigen an Bedeutung übertraf, sondern auch mit dieser Verheißung, dass Musik wieder alles wieder zusammenfügte, was hier zu Scherben gegangen war.
    
    Eine Zukunft eröffnete, jenseits von allem und jedem, was ich mir hatte vorstellen können. Unsere Zukunft. Eine Liebe, jenseits von aller Lust und doch in dieser sich erfüllend. Bald. Und ein Lied. Unser Lied.
    
    Unser Griff nach den Sternen. ___
    
    Ich hielt es nur einen Tag aus. Das Stück war fertig. Ich hatte mir vorgenommen, es ihr nicht gleich vorzuspielen. Einen Tag lang leistete ich Widerstand. Am nächsten Tag würden wir uns bei der Probe sehen. Ich hielt es nicht mehr aus. Ich rief sie an.
    
    "Hallo?"
    
    "Das Stück ist fertig."
    
    "Ich komme. Bis gleich."
    
    Zwanzig Minuten später stand sie vor ...
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