Übermensch
Datum: 10.10.2019,
Kategorien:
Sci-Fi & Phantasie,
Autor: byBleeding_Heart
... Nase hoch, drücke mich etwas von ihm weg. Er hebt mich von der Balustrade und stellt mich behutsam vor sich auf den Boden. Ich atme noch einmal tief durch und blicke ihm dann entschlossen ins Gesicht.
„Dann tu es."
Keine Emotionen in seinem Gesicht, weder Hass noch Liebe noch Wut, keine Überraschung in seinen Augen. Ich schließe meine, um nicht noch einmal das Grün sehen zu müssen.
Ein Schnipsen.
Etwas in mir stirbt. Ich fühle es, aber es tut nicht weh. Noch nicht. Ich warte auf den Schmerz, beiße die Zähne zusammen, erwarte etwas, irgendwas.
Als nichts passiert, öffne ich langsam die Augen. Der Magier steht immer noch vor mir.
„Wie ich bereits sagte, ich bin nicht grausam."
„Was...was hast du gemacht?", frage ich verwirrt. Ich verstehe es nicht mehr. Er wollte doch alles vernichten. Hat er sich nun doch umentschieden?
„Ich werde euch nicht auf einen Schlag töten. Wenn ich das tue, dann erleidet jeder von euch Schmerzen, ohne geht es bei so vielen Menschen nicht. Tue ich es nur bei einzelnen, so erfahren es die anderen, und Panik bricht aus. Also musste ich eine andere Methode wählen."
Ich blicke ihn verständnislos an und fühle meine entschlossene Fassade bröckeln.
„Ich habe euch die Fähigkeit genommen, euch fortzupflanzen. Ihr seid die letzte Generation der Menschen, die auf der Erde leben werden. Ihr werdet in Würde gehen und bis zum Ende leben."
„Was ist mit mir?", frage ich. „Bleibe ich jetzt für immer jung? Bleibe ich bei dir?"
„Nein", ...
... antwortet der Magier mir. „Auch du bist ein Mensch, und daran wird sich nie etwas ändern. Also musst du irgendwann sterben, denn auch ich muss irgendwann sterben. Du würdest mir bald darauf in den Tod folgen, aber an den gleichen Ort gehen wir vermutlich nicht. Wo ich nach meinem nächsten Tod bin, weiß ich nicht, und ich kann es nicht kontrollieren. Genauso wenig kann ich deinen Tod kontrollieren."
„Stattdessen", fährt er fort, „biete ich dir etwas an: Du kannst fortgehen und unter den Menschen leben, einen Mann finden, glücklich sein und irgendwann sterben. Ich gebe dir die Fähigkeit zu altern zurück und nehme dir deine Erinnerung an diesen Ort und dieses Gespräch, denn du sollst nicht wissen, dass du sterben musst."
Gehen? Mein halbes Leben vergessen? Vergessen, dass ich hier war? Vergessen, was in 44 Jahren passiert ist?
Ich denke nach. Meine Entscheidung fällt schnell und ich überrasche mich selbst damit, dass ich keine Gedanken mehr an meine Angst verschwende. Meine fassade ist weg, genau wie jedes Gefühl von Hass auf den Magier und jede Verzweiflung.
„Das will ich nicht."
Der Magier seufzt. Seine grünen Augen fixieren mich, ich erwidere den Blick. Keine Emotionen.
„Das hatte ich befürchtet. Aber wenn ich dir deine Erinnerung nicht nehme, dann weißt du, was dich erwartet, und du verlierst deine Lebenslust. Und vielleicht erzählst du es den anderen. Das kann ich nicht riskieren."
Ich nicke.
„Wenn du hierbleibst, dann lebst du, solange ich lebe und ...