1. Sugarbabe


    Datum: 07.04.2019, Kategorien: Romantisch Autor: Freudenspender

    ... Antwort.
    
    Ruby schaut etwas enttäuscht drein, dass der Verstand ihrer Mutter offenbar wieder in den Nebel des Vergessens abgetaucht ist. Ich versuche, ihr einen zuversichtlichen Blick zu schenken. Aber Ruby blickt durch mich hindurch. Sie hat schon wieder feuchte Augen.
    
    Wir bleiben eine gute Stunde. Das Gespräch mit Rubys Mutter ist schwierig. Meist hat sie nach fünf Minuten schon wieder vergessen, was wir gesprochen haben. Schließlich verabschieden wir uns. Sie möchte noch etwas auf der Bank sitzen bleiben.
    
    Wir schlendern den Weg zum Heim zurück. Ruby ist auffallend nachdenklich. Ich habe den Arm um ihre Taille gelegt und sie schmiegt sich an meine Schulter. Wir sind inzwischen außer Sichtweite.
    
    "Hat sie wirklich gesagt, dass sie stolz auf mich ist?"
    
    "Das hat sie. Außerdem ist sie sich dessen bewusst, wie schwer es für dich sein muss, das Heim zu bezahlen."
    
    "Das war nur ein kurzer klarer Moment."
    
    Ich bleibe stehen, drehe Ruby zu mir her und schaue ihr tief in die Augen. Ihr Blick liegt unsicher auf mir.
    
    "Deine Mutter hat Alzheimer und weiß die meiste Zeit nicht, was gerade eben noch war. Trotzdem ist ihr sehr wohl bewusst, was sie an dir hat, wie viel du für sie tust und sie ist stolz auf dich. Das kann ihr die Krankheit nicht nehmen. Sie vergisst es vermutlich zwischendurch auch mal, aber es ist tief in ihr drinnen."
    
    "Das wäre schön", haucht sie.
    
    Wir gehen weiter und sagen beide nichts. Es ist kein peinliches Schweigen, vielmehr hängen wir ...
    ... beide unseren Gedanken nach, bis sie die Stille bricht.
    
    "So klar war sie schon lange nicht mehr."
    
    "Vermutlich lag das daran, dass ich dabei war. Durch mich war alles anders und ihr Verstand musste sich anstrengen und damit ist es ihr gelungen, für eine kurze Zeit, klar zu denken."
    
    "Danke!"
    
    "Das war nicht mein Verdienst."
    
    "Doch, du warst und bist an meiner Seite. Das hat alles verändert."
    
    "Wie meinst du das?"
    
    "Meine Mutter zu besuchen, wurde für mich immer mehr zu Last. Dass sie nicht mehr wusste, wer ich bin, hat mich mehr belastet, als es vermutlich sollte. Ich weiß, das ist die Krankheit und meine Mutter trifft keine Schuld. Trotzdem tut es weh, wenn dich der Mensch, den du am meisten liebst und der dich ein Leben lang geliebt hat, einfach vergisst. Aber heute war es anders. Heute warst du dabei und bist mir beigestanden. Du hast mir sogar einen kurzen, aber lichten Moment mit meiner Mutter ermöglicht. Ich habe heute seit langem zum ersten Mal meine Mutter wieder gespürt. Ich habe gewusst, dass sie da ist."
    
    "Aber das war doch nicht mein Verdienst."
    
    "Trotzdem, es war einer der schönsten Momente seit langem."
    
    Ich nehme sie in den Arm. Es ist ein sehr emotionaler Augenblick und auch ich habe einen Klos im Hals. Zu denken, wie schlimm es für Ruby gewesen sein muss, einerseits mitzuerleben, wie ihre Mutter immer mehr ins Vergessen abgerutscht ist und andererseits der Druck, das Geld für das Heim aufzubringen, weil eine vertraute Umgebung gerade jetzt ...
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