1. Interview mit Fetischisten


    Datum: 10.08.2021, Kategorien: Fetisch Autor: lost_of_mind

    ... mir das an, machte jedoch keinerlei bewertende Bemerkungen dazu.
    
    Jetzt habe ich allerdings schon ein gewisses Alter erreicht wo ich nicht mehr so einfach meinen Job wechseln kann und sofort etwas neues bekomme. Aus den Prioritäten seiner Schilderungen hörte ich ganz klar seine bevorzugte Prämisse heraus. Anfangs hoffte ich noch auf eine Versetzung nicht zu weit Entfernt. Aber so wie ich mein Glück kenne...
    
    Das sind die Momente wo bei einer Frau der Überlebensinstinkt einsetzt. Eine Risikoabwägung im Kopf beginnt. Wo der Altersunterschied doch plötzlich an Bedeutung gewinnt. Zu diesem Zeitpunkt war ich 48 Jahre alt. Ich hatte mich bis dahin gut gehalten und vielleicht könnte ich mein Aussehen mit immer noch mehr Aufwand noch wenige Jahre mit rüber retten. Aber der Zahn der Zeit nagte gnadenlos. Wenn ich 55 bin, wie alt ist er dann? Irgendwo in der Republik zu sitzen wo ich niemanden kenne, wo er dann Wochen-, Monate- oder Jahrelang unterwegs ist und nur für ein paar Tage Urlaub im Jahr für mich bereit steht? Das ist sein Ding, im Grunde bleiben ihm wenig bis keine Optionen.
    
    Das machte mich Traurig, denn alles würde auf eine Entscheidung hinaus laufen, ich wollte ihm keinesfalls im Leben im Wege stehen. Sein Leben beginnt jetzt erst. Diese Entscheidung müsste nicht sofort getroffen werden, aber mit der ersten Versetzung würde es akuter werden. Die folgenden Tage und Wochen erlebte ich mit Ingo unglaublich Intensiv, da mir die Endlichkeit der Beziehung bewusst wurde. ...
    ... Ich wollte es nochmal tief in mir Aufnehmen, etwas davon für mich Behalten.
    
    Genau in dieser Zeit geschah dann noch etwas anderes: Die Gattin von Guido wechselte in eine andere Welt. Er schrieb nicht viel darüber, wenn wir uns selten genug real trafen erzählte er garnichts, ich denke er wollte keinesfalls die Stimmung zwischen uns eintrüben. Eine seltsame Mischung überfiel ihn. Durchaus sowas wie Trauer, jedoch auch eine gewisse Erleichterung. Zumindest war ein jahrelanges kämpfen, hoffen und bangen beendet und er konnte wieder in die Zukunft sehen.
    
    Nur eines sagte er mir mal offen: Er ist jetzt in seiner Berufswahl befreit, da er räumlich nicht mehr gebunden ist. Er könnte eine feste Professorenstelle in einer ganz bestimmten Stadt bekommen. Zwar mit deutlich niedrigerem Gehalt, aber er wäre dann nicht mehr auf projektbefristete Zeitverträge in der forschenden Industrie angewiesen.
    
    Er sagte es scheinbar beiläufig, ohne eine Antwort oder Stellungnahme einzufordern. Ganz seine Art. Er erwähnte es und liess diese Mitteilung für sich wirken. Denn: Diese Stadt ist nur 70km von meinem Wohnort entfernt und bekannt für ein ausgeprägtes Hochschulwesen.
    
    Auch diese Gedanken beschäftigten mich nun sehr. Vermutlich war das genau Guidos Absicht gewesen, genauso tickte er bisher immer. Er stellt etwas in den Raum und lässt Gedanken wirken. Er drängt nicht oder führt, sondern er zeigt Möglichkeiten und überlässt es seinem Gegenüber daraus Schlüsse zu ziehen. Er sagte nie dass er ...
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