1. Fluchtverhalten


    Datum: 14.10.2022, Kategorien: Romantisch Autor: Dingo666

    ... betäubt. "Das heißt...", begann er mit belegter Stimme.
    
    Rohmann wandte sich ihm jetzt frontal zu und packte ihn an den Schultern. "Herr Wagner. Meine Tochter ist krank! Sehr krank! Seit ihre Mutter damals starb, da balancierte sie auf dem schmalen Grat zwischen Gesundheit und Wahnsinn. Und als ihr Verlobter sie vor vier Jahren deshalb sitzen ließ, da hat sie das nicht verkraftet. Seitdem lebt sie in einer anderen Welt. Oder in vielen anderen Welten, genauer gesagt. Bernard?"
    
    "Frau Rohmann leidet an einer starken dissoziativen Persönlichkeitsstörung", sagte der Kleiderschrank. Seine Stimme klang unbeteiligt, so als ob er über ein mäßig interessantes Insekt berichtete. "Kurze Perioden der Klarheit werden immer mehr von Wahnideen mit paranoiden Elementen überlagert. Die medizinischen Prognosen geben leider wenig Grund zur Hoffnung, eine Besserung ist unwahrscheinlich."
    
    Rohmann drückte seine Finger in Saschas Oberarme, als ob ein Schulleiter einem Oberschüler eine wichtige Botschaft vermitteln wollte.
    
    "Von Rechts wegen müsste sie in eine geschlossene Anstalt. Draußen ist sie eine Gefahr für sich selbst und für andere. Aber verstehen Sie: Ich bringe das nicht übers Herz! Ich sehe ihre Mutter in ihr, jeden Tag! Deshalb versuche ich, auf sie aufzupassen. Ihr zumindest ein kleines Bisschen Normalität zu bieten. Ich bin ein erfolgreicher Unternehmer, ich habe die Mittel dazu."
    
    Hier ließ er Sascha los und wandte sich zum Fenster. "Ich würde alles hergeben, um sie ...
    ... gesund zu machen", murmelte er.
    
    "Das ist... ich weiß nicht, was ich sagen soll...", stotterte Sascha. Welche Erleichterung, dass kein Krimineller vor ihm stand. Tobend, weil er seine einzige Tochter gevögelt hatte! Andererseits verspürte er vagen Verlust wegen der Implosion seiner fantastischen Pläne mit Sophie. Dies war unterlegt von Ärger über sich selbst, dass er sich so von einer Wahnsinnigen aufs Glatteis hatte führen lassen.
    
    Rohmann drehte sich um und sah ihn scharf an. Dann klärte sich seine Miene. "Ah, ich verstehe. Sie glauben mir anscheinend noch nicht. Nein." Er winkte ab, als Sascha protestieren wollte, "Das ist nur verständlich. Ich könnte ja alles Mögliche behaupten. Ich könnte ja tatsächlich ein Gangster sein - heute würde sogar mein Anzug dazu passen."
    
    "Nicht doch", wehrte Sascha ab.
    
    "Doch, doch!" Rohmann schnaubte wieder, was bei ihm wohl ein Kichern darstellte. "Ich schlage vor, Sie fragen die unbestechlichste Instanz dieses Planeten: Wikipedia! Haben Sie einen Computer hier?"
    
    "Eh..." Sascha sah automatisch zum Büro hinüber.
    
    "Gut, gut! Schauen Sie nach! Wikipedia, unter Rohmann!" Der Industrielle legte ihm die Hand auf den Rücken und schob ihn unwiderstehlich durch seine Wohnung. Sascha ließ zu, dass er ihn zu seinem Bürostuhl bugsierte und hineindrückte. Automatisch drückte er auf die Return-Taste seiner Tastatur. Binnen einer Sekunde erschien das Bild der Windows-Oberfläche. Sascha schaltete seinen Rechner niemals aus.
    
    Rohmann machte eine ...
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