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    Datum: 05.05.2024, Kategorien: Romantisch Autor: postpartem

    ... einer Begrüßung.
    
    "Ja, das war brutal gut."
    
    "Das meinte ich nicht, aber danke. Die Gitarre war falsch."
    
    Lippe zog die Stirn kraus und wirkte angepisst. Verständlich.
    
    "Ehm... ja, ich hatte mehr einen Gegentakt gespielt. Das macht es... Scheiße, mir fällt das deutsche Wort nicht ein... grittier... knackiger vielleicht."
    
    "Ja, das ist es", gab sie zurück. "Mutiger."
    
    "Ich verstehe nicht, wie ihr das meint", gab Lippe zurück.
    
    Ich versuchte es ihm zu erklären, aber er verstand es immer noch nicht.
    
    "Du musst es ihm zeigen", trug mir Carol auf.
    
    Nein. Ich rühre nie wieder eine Gitarre an. Das habe ich mir geschworen. Helge trat näher an sie heran, um ihr vielleicht noch einmal klar zu machen, was er ihr mit Sicherheit vorher bereits erzählt hatte.
    
    "Bitte. Für mich."
    
    Ich war wie in Trance, als ich mir die Gitarre vom verblüfften Lippe geben ließ. Das Plektron ausschlug. Er ist in diesem Moment wurde mir klar, dass ich mir eigentlich vor zwei Wochen die Fingernägel hatte schneiden wollen. Es aber nie getan hatte. Das Gefühl der von ihm angewärmten Stahlsaiten. Ein kurzer Blick auf die Gitarre selbst, eine mir unbekannte Marke, aber wohl etwas durchaus Edles.
    
    Ein Nicken in Helges Richtung und der Drummer, Piet, ein Holländer, klopfte mit seinen Sticks den Takt an. Die Bass-line. Dann mein Einsatz. Fuck. Überhaupt kein Gefühl in den Händen. Und keine Kraft. Egal, für eine kurze Demonstration würde es reichen. Könnte Lippe sehen und hören, was ich ...
    ... meinte.
    
    Es war wie ein Rausch. Plötzlich wieder Teil der Musik zu sein. In ihr. Von mir ausgehend.
    
    Lippe machte immer noch eine leicht finstere Miene, aber folgte aufmerksam dem, was ich da tat. Dann nickte er. Ich hörte sofort auf zu spielen, erschrocken über das, was ich da gerade getan hatte. Ich hatte meinen Schwur gebrochen. War mir selbst untreu geworden. Für sie. Eilig gab ich ihm die Gitarre zurück.
    
    Ihr Blick fing mich auf. Keine Dankbarkeit, nur die Rückversicherung, dass es so hatte kommen müssen. "Sollte es so sein?", hatte sie mich gefragt. Während Lippe still vor sich hin wippte und in Gedanken den Gegentakt nachvollzog, hatte ich ihre Stimme im Kopf. Den Satz in englischer Übersetzung. "Was it meant to be this way?"
    
    Formte sich bereits zu einem Lied, was dann von dem erneuten Einsatz von Helge und Piet übertönt wurde. Lippe kam hinzu. Okay, er hatte es begriffen. Daumen hoch. Sein Gesichtsausdruck entspannte sich. Erschloss sich ihm auch der Sinn und das ganze Rhythmus-Gefüge. Und das Stück klang gleich noch einmal ein Tucken besser.
    
    Ich zog mich zu den Sesseln zurück und lauschte andächtig diesem und den folgenden Versuchen, die immer und immer besser klangen. Und immer wieder in den Breaks hörte ich ihre Stimme, die sich um eine Melodie schlängelte. Und der Frage, die sie mir gestellt hatte.
    
    "Alter, träumst du?"
    
    Helge ließ sich auf den Sessel neben mir sinken.
    
    "Sorry. War gerade in Gedanken woanders. Macht ihr Pause?"
    
    "Zeigst du mir dein ...
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