1. Die Magie der kleinen Lustvilla


    Datum: 31.07.2024, Kategorien: Sonstige, Autor: Emily Bloomingdale

    ... nicht erkennen, wie es hinter seiner Fassade aussah. Unterschwellig machte er auf mich den Eindruck eines Raubtiers, das jederzeit unvermittelt zuschnappen konnte. Oder aber den Rest des Tages faul in der Ecke liegen würde. Leider hatte ich keine Ahnung, wie ich seinen Jagdinstinkt wecken sollte.
    
    "Deine Bernsteinkette ist total schön", meinte er, als er mir half, den Tisch abzuräumen.
    
    Nun ja, dies war nicht unbedingt das weltbeste Kompliment, aber immerhin ein Anfang. Und vielleicht wollte er meinen knackigen Hintern ja nur nicht loben, weil seine Freundin in der Nähe war. "Danke", gab ich artig zurück.
    
    "Die Steine hat Malena selbst gesammelt", mischte sich Robert ungewöhnlich enthusiastisch ein. "Und nicht nur die, sondern alle, die hier in den Gläsern stehen."
    
    "Beeindruckend", sagte Karl. "Ich habe noch nie in meinem Leben Bernstein gefunden, dabei bin ich an der Nordsee aufgewachsen."
    
    "Ich bin genauso erfolglos", pflichtete ihm mein Bruder bei. "Aber Malena findet ständig etwas."
    
    Ich fühlte mich gerade wie ein Kind, das von den Erwachsenen für seine tolle Sandburg gelobt wurde. Mit Mitte zwanzig kam ich mir dabei allerdings etwas albern vor. Aber dann begriff ich, was Robert im Schilde führte. "Wollen wir unser Glück mal probieren?", schlug ich Karl vor. "Ich kann dir zeigen, wo man schauen muss, um tolle Sachen zu entdecken."
    
    "Ja, gerne. Ein bisschen Bewegung täte mir ganz gut. Was ist mit dir, Liebling?"
    
    "Ich bleibe hier. Im Gegensatz zu dir ...
    ... hatte ich heute früh ja schon einen ausgiebigen Spaziergang." Ihr aufreizender Blick in die Richtung meines Bruders entging mir nicht.
    
    "Ich werde ihr etwas Gesellschaft leisten. Lasst euch ruhig Zeit", meinte Robert und sah mich mit einem flehenden Gesichtsausdruck an.
    
    Wir gingen einen Meter vor der Wasserkante entlang und es dauerte keine drei Minuten, bis ich zum ersten Mal fündig wurde.
    
    "Du bist unglaublich", sagte Karl fast ehrfurchtsvoll und ich war mir nicht ganz sicher, ob er dies nur auf mein besonderes Talent beim Aufspüren von Bernstein bezog.
    
    "Ich verfüge über gewisse Qualitäten", behauptete ich nicht ganz unbescheiden und gab ihm damit die Vorlage, weitere Vorzüge von mir zu preisen. Doch der Idiot ging nicht darauf ein. Selber schuld. "Es ist frischer als ich dachte. Ich hol mir kurz eine Jacke. Wenn du bis zu meiner Rückkehr etwas findest, hast du einen Wunsch frei." Zwar wurde die Sonne zusehends von Wolken verdeckt, aber noch viel größer als der Wunsch nach etwas zum Überziehen war meine Neugier. Bei meinem Bruder besaß ich keinerlei Zweifel, dass er versuchen würde, Luisa an die Wäsche zu gehen. Aber würde sie wirklich ihren Freund betrügen?
    
    Um mich durch das Quietschen nicht zu verraten, stieg ich über die Pforte hinweg. Dann schlich ich mich in einem weiten Bogen durch den Garten an das große Wohnzimmerfenster heran. Luisas nackte Füße befanden sich in einem Abstand von ungefähr einem Meter auf der Kante unseres Couchtisches. Auch sonst trug sie ...
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