1. Samiras Großmutter


    Datum: 17.01.2020, Kategorien: 1 auf 1, Autor: Kastor Aldebaran

    ... war mein eigener Herr, war von niemandem abhängig. Gut, nicht vollkommen, aber mein Verlag gab mir die Möglichkeit, relativ frei zu schreiben, da der Erfolg meiner Bücher nicht ausblieb. Keine Bestseller, aber eine solide Einnahmequelle für meinen Verlag und mich.
    
    Über alle diese Geschehnisse hatte ich mir in den letzten Jahren, nur noch selten Gedanken gemacht. Jetzt und hier kamen sie mir wieder in den Sinn und es wundert mich, dass ich sie verdrängt hatte und ausgerechnet jetzt hervorbrachen. Anscheinend hatte mich Asifas Geschichten dazu gebracht, über mich selber nachzudenken.
    
    "Ich merke, du bist gerade dabei etwas zu überlegen. Willst du es mir erzählen?"
    
    Ich wachte wie aus einem Traum auf und sah Asifa einen Moment an, als wenn ich nicht genau gewusst hätte, wo ich mich befand. Dabei hörte ich ihrer Frage, aber verstand sie nicht gleich. Doch dann drangen ihre Worte in mich ein und ich begann, ihr meine Geschichten zu erzählen. Einfach so, ohne mir darüber Gedanken zu machen, dass ich sie kaum kannte. Immerhin hatte sie mir ihre Geschichte erzählt und ich hielt es für fair, ihr auch meine zu erzählen.
    
    Sie saß da, hörte mir aufmerksam zu, ohne mich einmal zu unterbrechen, nickte nur mehrmals mit dem Kopf, als wenn sie mich sehr gut verstand. Es war ein wissendes Nicken.
    
    "Ich habe es mir schon gedacht, dass etwas in deiner Kindheit gewesen sein muss!", begann Asifa von Neuem, als ich mit meiner Geschichte geendet hatte. "Es wäre auch seltsam gewesen, wenn ...
    ... deine Kindheit normal verlaufen wäre. Du bist dir nur die ganze Zeit über, nicht bewusst gewesen, was in dir schlummert. Vielleicht kann ich dir helfen, dieses Verborgene herauszuholen. Aber nur wenn du willst. Für die einen ist es eine Bürde, für andere eine Befreiung. Damit umgehen, musst du dann selber!"
    
    Inzwischen war mir alles egal, sah Asifa nur einmal an und meinte in ihren Augen einen Glanz zu erkennen, der zuvor noch nicht da gewesen war.
    
    "Noch etwas Tee?", fragte sie auf einmal, ohne dass ich ansatzweise damit gerechnet hätte. Ich schüttelte einmal meinen Kopf, als wenn ich Müdigkeit daraus vertreiben wollte, und meinte fast nebenbei: "Ja, gerne!"
    
    Asifa nahm die Kanne, füllte meine Tasse erneut auf und ließ wie selbstverständlich einen Würfel Zucker hineinfallen. Wahrscheinlich hatte sie mich zuvor beobachtet und sich gemerkt, dass ich auch dort schon einen genommen hatte.
    
    "Komme morgen wieder, bringe etwas Zeit mit und ich werde versuchen, den Bann zu brechen, der deine Kraft verborgen hält!"
    
    "Ich habe nichts weiter vor und komme gerne!", antwortet ich und Asifa stand einfach auf und ging in ihren Wohnwagen. Als die Tür zuschlug, wusste ich innerlich, dass ich sie an diesem Tag nicht mehr wiedersehen würde. Trotzdem trank ich noch meine Tasse Tee leer. Er schmeckte gut und ich hatte Durst. Samira sah ich den Tag nicht.
    
    Diese Nacht schlief ich ausgenommen gut. Der mangelnde Schlaf der letzten Tage trug dazu bei. Als ich aufwachte, war ich innerhalb ...
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