1. Magische Orte


    Datum: 19.01.2020, Kategorien: 1 auf 1, Autor: Dingo666

    ... sie sich erhoben hatten. Das Summen verstummte. Zurück blieb nur Schweigen. Und sie. Vera Creudlitz, zwanzig Jahre alt, Berufsanfängerin.
    
    Single. Leider.
    
    Die Leere ringsum schwang sich ein mit der Leere in ihr, wurde eins. Ermöglichte einen Kontakt, einen Übergang. Öffnete eine Tür, die sonst fest verschlossen war, so verbarrikadiert wie der Haupteingang. Einen Kanal zu ihr selbst. Zu Ebenen von ihr, die im Alltag nicht zugänglich waren, weil sie geschützt werden mussten.
    
    Es war nichts Dramatisches. Sie weinte nicht. Fühlte nur eine vage Traurigkeit, wie ein Nachhall früherer Turbulenzen. Jetzt war sie alleine, hier an diesem zauberhaften Ort. Doch das war ihre Entscheidung. Wenn sie wollte, konnte sie Kontakt aufnehmen, das wusste sie, und empfand es auch so. Sie hatte Freunde, und Kollegen. Liebhaber, wenn sie wollte. Dennoch fühlte es sich richtig an, diese innere Tür ab und an zu öffnen. Dann war es immer so, als ob abgestandene Luft herausdrang und sich verflüchtigte, bevor etwas da drin verfaulen konnte.
    
    An magischen Orten funktionierte das am besten...
    
    Ein leises Geräusch. Vera blinzelte, kam langsam zurück ins Hier und Jetzt. Sie blickte sich um. Da stand ein Mann an der Tür zum Lager, reglos. Mitte zwanzig vielleicht. Groß und sehnig. Braungebrannte Haut, dunkler Vollbart, sauber gestutzt. Er trug ähnliche Kleidung wie sie selbst. Ein Funktionsshirt und Shorts, ein Rucksack. Um seinen Hals hing eine Kamera mit großem Objektiv. Er sah sie an, mit ...
    ... Respekt in den Augen. Beinahe furchtsam.
    
    "Äh - hi", brachte er heraus und räusperte sich.
    
    "Hi", gab sie zurück und wusste nicht so recht, ob sie sich jetzt ertappt fühlen sollte, oder ärgerlich wegen der Störung.
    
    "Bitte entschuldige. Ich störe wohl. Ich wollte nur ein paar Fotos machen, aber ich kann auch später wiederkommen." Er lächelte vorsichtig.
    
    "Ach - nein, nicht notwendig", hörte sie sich sagen. "Ich bin schon, äh, fertig." Sie biss sich auf die Lippen. Jetzt würde er sicher fragen, mit was sie denn fertig war, und sie hatte keine Ahnung, wie sie ihm das erklären sollte. Oder ob sie das überhaupt wollte. Oder konnte.
    
    Er nickte und trat ein, sah sich um. Doch sein Blick ging zurück zu Vera, als würde er magnetisch angezogen. Tiefblaue Augen, bemerkte sie.
    
    "Ich bin Till", sagte er mit einem weiteren Lächeln. "Ich besuche gerne solche ´Lost Places´ und fotografiere sie. Die Bilder von hier werden fantastisch, denke ich."
    
    "Vera." Sie erwiderte das Lächeln. Der Typ schien ganz nett zu sein. "Ich bin aus demselben Grund hier. Nur meine Ausrüstung ist nicht so gut." Sie hielt ihr Handy hoch und zuckte die Schultern.
    
    "Wenn du willst, kannst du gerne ein paar Bilder mit meiner Kamera machen. Ich schicke sie dir dann." Er hielt sein Gerät hoch.
    
    "Danke, lass mal. Mir geht es nur um ein paar persönliche Schnappschüsse als Erinnerung. Ich bin keine Fotografin. Aber ich bin gespannt, was ein Profi jetzt macht." Sie trat beiseite und überließ ihm damit den ...
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