1. Das Aschenputtel


    Datum: 20.05.2020, Kategorien: Sonstige, Autor: lost_of_mind

    ... es mit Doro nicht ewig weiter gehen konnte hatte ich schon befürchtet, regelrecht erwartet. Aber dass sie mich einfach so wie einen Putzlumpen wegwerfen würde? Das schmerzte bis ins Mark. Ohne Abschied, ohne ein Wort der Erklärung?
    
    Ich versuchte sie weiter auf ihrem Mobilphone anzurufen. Inzwischen war es angeschalten, ich wurde weg gedrückt. Alles klar! Das werde ich nicht machen, wie ein Strassenköter auch noch hinterher zu laufen, obwohl man mehrfach mit Fusstritten weg gejagt wurde. Habe ich ihr irgendwas getan? Oder ist sie tatsächlich so Rücksichtslos und Gleichgültig?
    
    Ich stellte mich ans Fenster und sah hinaus. Der Würgegriff des Winters draussen, Kälte, Nebel, Schneeregen. Meine Gedanken kreisten, der Verlust von Doro bereitete mir regelrecht körperliche Schmerzen, ich nahm meine Arme vor den Bauch und krümmte mich. Oder war das die nahende Menstruation?
    
    Was blieb mir noch? Ich war weitgehend isoliert, hatte kaum eigene Freunde, weil ich mein ganzes Leben nur auf Doro konzentriert, ausgerichtet hatte. Ich stand wie betäubt die ganze Nacht am Fenster, noch bis spät in den Vormittag hinein. Das Feuerwerk nahm ich kaum wahr. Ich stand mit wenigen unterbrechungen auch noch den ganzen 1.1. am Fenster und sah hinaus. Schlief im Sitzen
    
    auf den Kugelsäcken.
    
    Das erste was ich am 2.1. machte: Mich Krank zu melden. Sollen die anderen auch mal zusehen wie es ohne mich läuft, bisher war ich immer nur die Dumme. Wobei ich mich echt mies fühlte. Nicht nur dass mir ...
    ... Doro fehlte, es war auch oder vor allem die Weise wie man abgelegt wurde. Jetzt weiss ich wie sich ein Hund fühlen musste, der zur Urlaubszeit am Autobahnrastplatz ausgesetzt wird.
    
    Auch am 3. und 4. wurde es kaum besser. Alle Gedanken kreisten nur ständig um Doro. Kreisten zwischen bösesten Rachegelüsten und schierer Hoffnung, alles wäre nur ein Missverständnis. Aber es kann so nicht weiter gehen, ich müsste mich unbedingt irgendwie ablenken! Dringend! Sonst werde ich dauerhaft depressiv oder wahnsinnig.
    
    In einem klaren Moment erinnerte ich mich siedend heiss an eine Telefonnummer. Benjamin! Er wüsste bestimmt mehr, wenn seine Schwester Jasmin da auch irgendwie verwickelt wäre? Ich suchte seine Nummer, hatte fast vergessen dass er ja unter Bernadette abgespeichert war.
    
    "Hallo, Benjamin hier!" "Hallo Ben. Sonja hier." "Oh, welch angenehme Überraschung!" Er klang echt erfreut. "Was führt dich zu mir?" "Jasmin. Also zuerst Dorothea und dann Jasmin." "Aha. Nun, Jasmin ist in Kiel, für länger, aber das weisst du sicher?" "Nein. Mit Doro?" So langsam schien Ben etwas zu dämmern. "Du wusstest das garnicht?" "Nein. Woher?" "Ich dachte du bist mit Doro zusammen?" "Ja, das dachte ich auch. Bis zum 31.12." "Da sind die beiden nach Kiel abgereist."
    
    Pause. Schon wieder so ein Hammer. Alle wussten es nur ich wieder nicht. In mir wuchs ein Entschluss. Ich müsste das unbedingt genauso gnadenlos verdrängen wie Doro auch, sonst würde mich das bald auffressen. Am besten wäre etwas ...