1. Das Aschenputtel


    Datum: 20.05.2020, Kategorien: Sonstige, Autor: lost_of_mind

    ... Mir. Jetzt saß ich hier, zerrissen vor Sehnsucht.
    
    Voller Hoffnung es würde an der Türe klingeln und sie könnte mich nach dem Öffnen unschuldig
    
    anlächeln, wie sie es sonst immer getan hatte. Aber alles Hoffen nützt nichts. Sie war weit weg. Unerreichbar Weit. Terrestrisch und Emotional. Sie meldete sich nach dem Abitur zur Armee, genauer zur Marine, wurde logischerweise nach Norddeutschland eingezogen und verbringt die meiste Zeit erstmal nun auf einem Schiff. Selbst das erfuhr ich nur auf Umwegen. So ließ sie mich zurück, als ein Häufchen Elend. Gebrochen. Als die alte Frau, die ich neben ihr eigentlich immer war. Wieder fühlte ich mich verraten und verlassen.
    
    Sie begann Anfangs alles mit schüchterner Zurückhaltung. Die spätere eigentliche Beziehung mit Berührungen. Wahrscheinlich war das keine bewusste Berechnung, keine kalkulierte Verführung. Dazu war sie zu jung, fehlte ihr die analytische Lebenserfahrung? Es war also ihr Instinkt oder ein Spiel. Sie berührte mich vielleicht nur so wie sie sich es von einer anderen Frau wünschte. Aber so wurde ich noch nie zuvor von einem Mann berührt, sie rannte damit bei mir offene Türen ein. Stillte meine Sehnsucht nach Nähe, menschlicher Wärme und purer Zärtlichkeit.
    
    Ich bewegte meine Schultern, fühlte imaginär die Fingerkuppen kaum merklich über meinen Hals streicheln, das rucken wenn die Finger über meine Perlenkette fuhren um dann wieder auf meine erhitzte, fast fiebrige Haut zu Wechseln. Sie konnte das Stundenlang. ...
    ... Mich in einem hormonellen Dauerrausch halten.
    
    Vorletzten Sommer hatte mich nach 19 Jahren Ehe mein Mann verlassen. Wegen einem Mann. Das macht es nicht minder Schmerzlich, nahm mir jedoch die Möglichkeit auf jemanden anderen wütend zu sein, einer anderen eine Schuld zuzuweisen.
    
    Nachdem er auch gleich alle gemeinsamen Konten abgeräumt und die geerbte Wohnung verkauft hatte, ich damit fast über Nacht aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen musste, bekam ich eine echte Chance für einen Neuanfang. Glücklicherweise hatte ich meinen Beruf als Apothekerin nie ganz aufgegeben. Konnte kurzfristig innerhalb des Unternehmens, eine Kette, von 18 auf 36 Wochenstunden aufsatteln, was mir ein einfaches aber unabhängiges Leben ermöglicht.
    
    Leider war diese Veränderung mit einer Versetzung verbunden, in eine andere Stadt, sogar in ein anderes Bundesland. Weit weg. Sehr weit. Viel zu Weit um auf Dauer Freunde und engen Kontakt zur Familie zu Behalten. Anfangs versucht man es noch mit endlosen Telefongesprächen und uferlosen Fahrten für noch so kleine Anlässe in die alte Heimat, aber irgendwann merkst du wie sich die Zurückgebliebenen ihr Leben ohne dich einrichten.
    
    Sie haben ihre Freunde noch um sich. Sie unternehmen weiterhin gemeinsame Dinge und du kommst in der Planung einfach nicht mehr vor, es wird ihnen schlicht zu lästig mit dir und deinen Umständen zu planen. Schade, aber auch so etwas gehört manchmal zu einem Neuanfang.
    
    Letztes Jahr um diese Zeit lebte ich seit 5 Monaten in ...