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Das Aschenputtel
Datum: 20.05.2020, Kategorien: Sonstige, Autor: lost_of_mind
... der bayerischen Idylle, in Fürstenfeldbruck, zwischen München und Augsburg. In einem klassischen Wohnblock zu 12 Wohneinheiten in einer 2-Raum-Wohnung. Damals noch fast ohne Möbel, nur eine kleine funktionierende Singleküche war bereits vorhanden, dafür mit unzähligen vollen Kartons an den Wänden entlang gestapelt. Zu meiner Apotheke kann ich zu Fuß gehen, einen Bus nehmen oder im Sommer mit dem Rad fahren. Freunde hatte ich noch keine gefunden, die Bayern sind manchmal etwas zurückhaltend wenn es um Bekanntschaften geht, besonders wenn du den falschen Dialekt sprichst. In die Wohnung nebenan zog kurz nach mir eine alleinerziehende Mutter mit Tochter. Die Mutter sah ich bis heute fast nie, arbeitet wohl in der Gastronomie. Die Tochter war von Anfang an seltsam. Aus der wurde ich bis heute nicht ganz Schlau. Sie war sicher Volljährig, da sie immer wieder mal mit dem Auto ihrer Mutter fuhr. Aber ihr Auftreten im Alltag war für eine junge Frau ausgesprochen Nachlässig, fast schmuddelig. Sie war Unauffällig, Zurückgezogen und man sah sie höchst selten mit anderen jungen Leuten. Von weiteren Nachbarn (genau der Frau die auch in deinem Wohnblock lebt, die immer alles über jeden im Block weiß) erfuhr ich dass sie die 12.Klasse Gymnasium besuchte und dass sie bestimmt so seltsam wäre weil sie Drogen nimmt, so wie man es im Fernsehen immer sieht. Was soziale Kontakte betraf durfte ich nicht Urteilen, ich kannte hier auch nur wenige Menschen sehr Oberflächlich. ...
... Einerseits tat mir die junge Frau damals Leid. Andererseits machte sie mich Neugierig. Jedes mal wenn ich ihr unregelmässig begegnete versuchte ich ein Gespräch anzuknüpfen, was sich als äußerst schwierig Herausstellte. Guten Tag. Ja. Nein. Schulterzucken. Keine Ahnung. Mir Egal. Wiedersehen. Kommunikation sieht anders aus, aber immerhin steigerten wir unsere mittlere Gesprächsdauer innerhalb weniger Tage schon von 30 Sekunden auf 2 Minuten. Sie war letztes Jahr schon schwierig einzuschätzen. Eher sehr hoch aufgeschossen für eine Frau, sicher einen Kopf größer als ich. Ziemlich Dünn, soweit das ihre weite und nachlässige Kleidung zur Beurteilung zuließ. Die meiste Zeit sah man sie in einem bodenlangen weiten Rock, abgetragenen Cowboystiefeln, einem weiten bunten Rollkragenpullover und einer martialisch aussehenden Motorradlederjacke. Die blonden Haare zwar lang bis an den Po, aber strähnig und ungepflegt. Auch die Brille passte so gar nicht zu ihrem Typ, lenkte erfolgreich von ihren Gesichtszügen ab. Ich kann nicht sagen was eine junge Frau veranlasste so herumzulaufen. Aber Drogen schienen mir sehr Unwahrscheinlich, dagegen sprach meine Erfahrung als Apothekerin. Ich weiß wie solche Leute aussehen, wenn sie mit einem Rezept ihre Ersatzstoffe holen. Nach einem Monat verriet mir die rätselhafte Nachbarin sogar schon ihren Vornamen. Dorothea. Ihr Nachname stand ja am Klingelschild. Und sie sollte mich künftig mit Sonja ansprechen. Das war schon ein 5 Minuten Gespräch. Zur ...