1. Der Schriftsatz


    Datum: 20.01.2021, Kategorien: CMNF Autor: Adamit

    „Wie stehe ich denn jetzt da?“
    
    Der Chef war hochrot angelaufen, der Hals dick aufgeblasen, die Augen quollen aus den Augenhöhlen und wild mit den Armen fuchtelnd schrie er immer wieder diesen Satz.
    
    „Das kann ich nicht glauben. Wer hat denn diesen bescheuerten Schriftsatz aufgesetzt und auch noch abgeschickt? Das ist doch das dämlichste was ich in meiner ganzen Berufszeit erlebt habe. Der Kunde ruft mich heute morgen an und fragt mich was das bedeuten soll und ich weiß gar nicht wovon der redet und dann zeigt er mir dieses unselige Geschreibsel.
    
    Das ist ein Großkunde, der macht Sicherheitseinrichtungen für Atomkraftwerke! Wie stehe ich denn jetzt bloß da?“
    
    Die drei Frauen standen angsterfüllt und mit gesenktem Kopf im Büro und hofften auf ein Ende des Donnerwetters. Schüchtern meldete sich Annabell, die Praktikanten: „Sorry Chef, da habe ich schuld. Ich habe aus Versehen den allgemeinen Vordruck mit den Standardtexten, statt dem Schriftsatz eingetütet.“
    
    „Nein“ brüllte Martin Müller-Mertenstock zurück. „Schuld haben hier in der Kanzlei alle!
    
    Wie stehe ich denn jetzt da. Eben dachte ich noch, mit dem Kunden kannst du endlich aus dem Gratsch von Scheidungen und Verkehrsverstößen raus und nun bin ich am Boden zerstört!
    
    Wie fühle ich mich denn jetzt? Nackt und bloß, wegen so einem verschissenen Brief. Ja nackt, ganz nackt.“
    
    Sein Tonfall steigerte sich in bedrohliche Größe. „Aber meine Damen das wird Konsequenzen haben! Sie werden sich jetzt auch so fühlen ...
    ... wie ich: Los ausziehen, nackt werden sie vielleicht erkennen welch großen Fehler sie gemacht haben. Und denken sie nicht, das sie da irgendwie rauskommen, außer mit einer Kündigung. Die ganze Woche nackt im Büro! Ich werde ihnen schon zeigen was sie mir angetan haben.“
    
    Die Angst in den Gesichtern der Bürofrauen wich blankem Entsetzen. Während die Praktikantin Annabell noch an einen Scherz oder etwas ähnliches glaubte, wusste die Büroleiterin Doreen das ihr cholerischer Chef das ganz genauso meinte. Auch der Rechtsanwaltsfachangestellten Jessica, die eigentlich nur die Post erledigt hatte, schwante das es der Chef bitterernst meinte und sie nur entweder nackt weiter arbeiten oder bekleidet kündigen konnte. Eine Alternative blieb nicht.
    
    „Na wird‘s bald, oder glaubt hier jemand dass ich einen Spaß mache?“ Brüllte der Chef die Frauen an und ging mit kämpferisch vorgebeugtem Kopf auf sie zu.
    
    Annabell war in diesem Moment so eingeschüchtert, das sie nicht richtig klar denken konnte. Aus den Augenwinkeln sah sie wie Doreen und Jessica an ihren Jacken nestelten und ihr Unterbewusstsein signalisiert ihr, das sie sich wohl am besten auch ausziehen sollte, um eine vielleicht noch größere Gefahr, durch einen handgreiflich werdenden Chef, abzuwehren. Sie zog sich das Shirt über den Kopf und dachte nur, „wenn er mich anfasst, dann werde ich mich mit dem Brieföffner wehren“. Der stand zwar im anderen Zimmer, aber immerhin hatte sie einen Plan.
    
    Doreen kannte ihren cholerischen ...
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