1. Die Ratte


    Datum: 08.10.2022, Kategorien: CMNF Autor: Anonym

    ... angeleuchtet. Ich konnte sehen, dass er sich mächtig erschrocken hat und die Lampe auch gleich zum Boden richtete. Dann ging er schnell hinaus.
    
    Als er wiederkam, drehte er immer noch die Lampe und den Kopf ganz weit zur Seite und reichte mir ein weißes Kopfkissen hin. Dann auch noch eine warme Wolldecke.
    
    Ein weißes Federkissen! So was Feines hatte ich ja schon lange nicht mehr gehabt!
    
    „Deck dich zu!“ sagte er. Und „Hast du Hunger? Wo kommst du her? Wie heißt du?“ So viele Fragen.
    
    „Luise-Maria heiß ich, wegen dem Regen bin ich hier rein geschlüpft und Hunger hab ich auch immer noch.“
    
    Dabei zog ich mich wieder an. ‚Wenn er halt nicht will? Auch gut!’
    
    „Was willst du denn gerne essen, Maria?“ fragte er. Ich zuckte die Schultern.
    
    „Weiß nicht. Pfirsiche hatte ich schon, das Ratterl, das freche, hat mir den Schrank gezeigt. Und nenn mich nicht Maria, das ist mir zu heilig, sag Luise zu mir.“
    
    „Ach, das Pfeifchen. Ja, das ist meine Freundin. Die habe ich heimlich mitgenommen auf die Libera, damit ich hier nicht so einsam bin. Darf aber keiner merken. Deshalb füttere ich sie immer abends, damit sie den Tag über schläft.“
    
    „Libera, was ist das?“ fragte ich.
    
    „Libera heißt das Boot hier, die Bootsklasse, weil sie ein Trapez auf jeder Seite hat. Ach, das kann ich dir ja Morgen zeigen. Magst du Kohlrouladen? Habe gerade welche gefunden. Das ist was Feines, muss sie nur auf dem Gaskocher aufwärmen. Du hast aber schmutzige Hände und Füße. Soll ich dir auch eine ...
    ... Schüssel warmes Wasser zum Waschen machen?“
    
    „Ja, das wäre schön. Ich hab mich nämlich erkältet, und in den Bodensee springen kann ich jetzt nicht.“ Tatsächlich zitterte ich am ganzen Körper. Aber es war nicht nur wegen der Kälte. Irgendetwas Entscheidendes hatte sich verändert in meinem Leben, das spürte ich. Und ich hatte solche Angst, dass es sich gleich wie ein Spuk auflösen würde.
    
    Ich wartete schon ahnungsvoll auf die klatschende Watschen vom Xaver, die mich gleich aus diesem, meinem schönen Traum, brutal herausreißen würde.
    
    Mir war richtig schwindelig vor Angst und Enttäuschungserwartung. Und so wankte ich auf unsicheren Füßen benommen zurück in mein Versteck.
    
    Er hatte ja Recht. Alle meine Sachen waren klamm und schmutzig vom Regen und vom Staub der alten Planen und Seile hier.
    
    Ich streifte sie mir ab, schüttelte sie aus und hängte sie an die Haken, die ich an der Decke ertastete. Die neue Wolldecke wollte ich aber nicht verschmutzen, darum wickelte ich mich in die feuchte Steppdecke ein.
    
    Er kam mit einem flachen Teller zurück, den er vor mir auf den Boden stellte. Darin schwamm ein großes grünbraunes längliches Ding in brauner Soße, es roch verführerisch. Ich schälte meine Arme und Hände aus der Steppdecke, um das Messer und die Gabel zu nehmen, die er auch mitgebracht hatte.
    
    „Oh, Pardon!“ sagte er und schon war er verschwunden. ‚Was hat der denn?’
    
    Dann spürte ich aber die Kühle an meinen Brüsten und mir dämmerte der Grund.
    
    Aber es war mir jetzt ...
«1...345...»