Die Personenschützerin
Datum: 04.11.2022,
Kategorien:
Romantisch
Autor: Freudenspender
... Misshandlungen angezeigt, die ich und meine Mutter erdulden mussten. Er sitzt im Gefängnis."
"Deshalb bist du Weihnachten ganz allein", stelle ich fest.
"Mutter tot und Vater im Knast. Ich habe keine Menschenseele auf dieser Welt."
"Keinen Freund, niemand?"
"Ich habe bisher keinem Menschen vertraut. Vor allem keinem Mann", gesteht sie. "Keine Ahnung, warum ich dir meine Lebensgeschichte beichte."
"Ich bin froh, dass du es getan hast", versichere ich.
"Ehrlich?"
"Das kannst du mir glauben", beteure ich. "Du kannst immer zu mir kommen, wenn du mich brauchst."
Erneut hebt sie den Kopf und schaut zu mir hoch. Sie legt auch eine Hand flach auf meine Brust, etwa auf Höhe meines Herzens.
"Ich kann deinen Herzschlag hören und fühlen", meint sie. "Das kenne ich nur von der Erste-Hilfe-Ausbildung."
"Du bist noch nie einem Mann so nahegekommen, dass du sein Herz gespürt hast?"
"Höchstens beim Karate- oder Judotraining."
"Du hattest noch nie einen Freund?", frage ich verwundert.
"Männer waren der Feind. Für eine Beziehung hat es nie gereicht."
Ich bin verwundert und kann mir keinen Reim darauf machen, warum sie genau bei mir diese Zurückhaltung ablegt. Aber es freut mich, dass sie mir derart vertraut, dass sie sich öffnet.
"Warum ich?"
"Du hast mir deine verletzliche Seite gezeigt, du hast bewiesen, dass du ein feinfühliger Mensch bist", antwortet sie nachdenklich. "Bei der Polizei war ich ausschließlich von Machos umgeben. Das sind alles ...
... zu groß geratene Jungs, die gerne Cowboy und Indianer spielen oder Räuber und Gendarm. Sie machen das Spiel ihrer Kindheit zum Beruf und kommen sich dabei vor, als wären sie Superman. Die waren alle höchst unsensibel und nur darauf aus, mich ins Bett zu kriegen."
"Da hast du lieber auf einen Freund verzichtet?"
"Lieber allein, als in schlechter Gesellschaft."
"Das Schicksal hat es wirklich nicht gut mit dir gemeint."
"Ich will mich nicht über alles beklagen. Auf meinen Vater hätte ich locker verzichten können und gegen die Machos konnte ich mich erfolgreich zur Wehr setzen. Mein Gott, ich hatte kein ausschweifendes Liebesleben und mir fehlt ein Partner. Dafür bin ich viel in der Welt herumgekommen, ich habe viel gelernt und habe wichtige Leute getroffen, wie dich."
"Ich bin nicht wichtig!", stelle ich klar. "Wenn ich nicht mehr bin, weint mir kein Mensch eine Träne nach. Ob mein Name einmal in einem Geschichtsbuch steht, wage ich zu bezweifeln und aus einem kleinen Schild in der Ahnengalerie des Außenministeriums mache ich mir auch nicht viel."
"Ich hätte dich für einen ehrgeizigen Mann gehalten", meint sie nachdenklich. "Wird man nicht deshalb Politiker?"
"Du wirst es nicht glauben, ich bin tatsächlich Politiker geworden, weil ich gehofft habe, etwas Positives zu bewirken. Dabei ist es nur ein Sumpf aus Intrigen und Machtspielen. Je länger ich dabei bin und je höher ich aufsteige, umso mehr wird mir bewusst, wie wenig ich verändern kann. Es waren wohl ...