1. Karibik (2)


    Datum: 03.08.2019, Kategorien: Kunst, Autor: Anonym

    ... grünes Glas und wird mit Petroleum betrieben. Es ist noch genügend Saft darin und er zündet sie an. „Pass auf, Demmi. Du sollst jetzt versuchen, den Kerl da unten mit Hilfe seines eigenen Aberglaubens zu vertreiben. Halte dir die Laterne mit der linken Hand von unten gegen den Körper, so dass du ganz grün angestrahlt wirst. So gehst du dann da runter in die Steuerbordkajüte. Es ist die auf der rechten Seite. Gehe ganz langsam auf den Kerl zu und strecke ihm deine rechte Hand entgegen, so, als würdest du ihn abholen wollen. Ich habe das einmal gesehen, bei ihren Voodoo-Tänzen, als ich noch Gast in der Familie war. Sie reagieren auf solche Rituale wie in Trance und fast automatisch. Wenn du ihn siehst, dann rufe laut und schrill: „Mateo!“ Den Rest müssen wir dann abwarten. Traust du dich?“
    
    „Hm, was aber, wenn er bewaffnet ist?“
    
    „Ja, er hat ein Messer dabei. Aber er wird dich nicht angreifen. Einen Geist anzugreifen, würde für sie ewiges Zombie-Dasein bedeuten. Davor haben sie mehr Angst, als vor dem Tod.“
    
    Mir zittern zwar die Knie, aber ich will ja schließlich auch etwas zur Überwindung unserer misslichen Lage beitragen. Also nehme ich die Laterne und gehe den Niedergang zum Unterdeck langsam hinunter. Mike folgt mir mit Abstand, zur Sicherheit. Es sieht hier unten einfach grauslich aus. Überall Dreck und Abfall, Hühnerknochen, Muschelschalen, leere Flaschen und Büchsen, Schalen und Reste von Früchten, Kokosnüssen und alten Zeitungsfetzen. Es stinkt infernalisch. Am ...
    ... liebsten würde ich selbst die Flucht ergreifen. Ich sehe rechts eine offen stehende Tür und höre von drinnen ein lautes Schnarchen. Ich gehe langsam hinein und gebe sofort die Tür wieder frei, damit Mateo auch wirklich abhauen kann, und sich nicht in die Enge getrieben fühlt. Ich schleiche mich zum Fußende seiner Koje und lege die Laterne vorsichtig vor mir auf den Boden, so dass sie mich von unten her grün anstrahlt. Dann schreie ich laut und schrill, mit vor Angst vibrierender Stimme: „Mateo!“ Es klingt wirklich sehr schaurig in die einsame Stille hier unten.
    
    Mateo schrickt auf, reißt die Augen weit auf und starrt mich an, als wäre ich der Tod persönlich. Ich sehe dabei zum ersten Mal, wie sich bei einem Menschen alle Haare auf einmal aufrichten, was bei seinem schwarzen Lockenkopf tatsächlich ein eindrucksvoller Anblick ist. Dem ist die Angst bis in die letzte Zehenspitze gerast. Ich starre ihn böse an und gehe ganz langsam auf ihn zu. Dabei fordere ich ihn noch einladend mit dem rechten Zeigefinger zum Mitkommen auf. Das reicht. Ein kalter Schweißausbruch macht ihn patschnass und er springt aus der Koje, rennt zur Tür, mehrmals polternd über Knochen und Flaschen stolpernd den Niedergang hinauf und kurz darauf höre ich draußen neben dem Schiff Etwas laut ins Wasser platschen. Gott sei Dank! Ich bin ja froh, dass er keinen Herzschlag erlitten hat. „Uff!“, das wäre geschafft.
    
    „Klasse, Demmi! Gut gemacht. Als Geist bist du eine Fachkraft.“
    
    „Und sonst so?“
    
    „Na ja, ...
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