1. Ex Libris 01 oder 'Dieser Papagei ist tot'


    Datum: 26.07.2024, Kategorien: Sonstige, Autor: Iron_Duke

    oder "Die wundervolle Welt der Schwerkraft"
    
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    Die nachfolgende Geschichte spielt Mitte der 1970er Jahre in einer westdeutschen Großstadt. Für alle, denen das nichts sagt: es war die Zeit, in der fast alle Schüler Militärparkas und Jeans mit Schlag trugen und mindestens schulterlange Haare. Manches von hinten erspähte Mädel stellte sich von vorne betrachtet als Kerl mit Fusselbart und Koteletten heraus. Es gab keine PCs, kein Internet, keine Handys, nicht mehr als drei öffentlich-rechtliche Fernsehprogramme, kein AIDS und etliche Frauen hatten ihre BHs verbrannt. Eine sehr aufregende und spannende Zeit und vor allem: eine Zeit ohne Klingeltonwerbung. Natürlich sind Handlung und Personen frei erfunden, deshalb aber kein bisschen weniger wahrscheinlich.
    
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    oder »Dieser Papagei ist tot«
    
    Ich ging damals in die 13. Jahrgangsstufe eines wirklich großen, westdeutschen Gymnasiums, welches damals über 1000 Schüler hatte. Mit der Schule kam ich eigentlich ganz gut zurecht, ohne dass ich mich groß anstrengen musste. Abgesehen natürlich vom Sportunterricht. Mit einer Größe von 180cm und einem Kampfgewicht von 93kg war der einzige Wettbewerb, in dem ich meiner Meinung nach reelle Chancen hatte, das verschärfte Kampftrinken. Welches allerdings in keinem Curriculum steht.
    
    Wie man sich leicht denken kann, war ich nicht gerade ein Frauenheld. Nicht dass ich es nicht immer wieder mal versucht hätte, bei einer zu landen. Aber ein leicht schüchterner, hoffnungslos ...
    ... romantischer, langhaariger Fettklops, der zwar einen Führerschein hat, aber kein Auto, der was zu sagen hat, aber nicht weiß, wann er den Mund halten muss, ist eindeutig nicht die erste Wahl, wenn es um einen Partner geht und auch nicht die zweite oder dritte. So weit so schlecht: ich war 18 Jahre alt und, zumindest gefühlt, weit und breit die einzige Jungfrau.
    
    Eines Tages sprach mich unser Deutschlehrer, Dr. Winter, nach dem Kurs an: »Oliver, haben Sie eventuell ein paar Minuten Zeit für mich?«
    
    Das war nichts Ungewöhnliches für mich. Dr. Winter war Tutor unseres Jahrgangs, und da ich als Kurssprecher in der Schülermitverwaltung aktiv war, hatten wir schon öfter miteinander zu tun gehabt. Wir gingen also in die Cafeteria, holten uns einen Kaffee und setzten uns an einen Tisch.
    
    »Oliver, heute geht es einmal nicht um einen Mitschüler, sondern um eine Sonderaufgabe.« Ich nickte kurz und er fuhr fort.
    
    »Wie Sie sicher wissen, wurde unsere Schule mit der Nachbarschule zusammengelegt, um die 'kritische Masse' für die reformierte Oberstufe zu vergrößern. Jetzt gibt es nicht nur zwei Schulgebäude, sondern auch zwei Schulbibliotheken. Außerdem hat der Schulverein ein paar Nachlässe von Ehemaligen bekommen. Alles in allem haben wir jetzt weit über 10.000 Bücher, die sortiert, katalogisiert und bearbeitet werden müssen. Das fällt in den Aufgabenbereich der Fachkonferenz Deutsch. Auf der letzten Sitzung haben wir daher beschlossen, Schüler aus Abiturkursen zu suchen, die sich an der ...
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