1. Samiras Großmutter


    Datum: 17.01.2020, Kategorien: 1 auf 1, Autor: Kastor Aldebaran

    ... in die Sichtweite kam, konnte ich Asifa sehen, die vor einem der Beete kniete und anscheinend Unkraut zupfte. Neben ihr stand eine große Gießkanne, die sie sicher noch zum Einsatz bringen wollte. Ich begann zu pfeifen, denn ich wollte nicht lautlos von hinten an sie herantreten und erschrecken. Ich kannte das und hasste es selber.
    
    "Ah, Ralf, schön das du den Weg zu mir gefunden haben. Es freut mich sehr, dass du gekommen bist!", sagte Asifa, ohne sich umgedreht zu haben. Auch hatte sie mich nicht kommen sehen können. Daher wunderte es mich etwas, dass sie wusste, dass ich es war. Aber wie sagte man doch im Scherz so schön: "Wenn man sich bei einer Hellseherin anmelden muss, kann sie nicht gut sein!"
    
    Erst jetzt stand sie auf, griff nach der Kanne, und während sie das Wasser auf die Pflanzen regnen ließ, sah sie mich von der Seite her an. Sie lächelte und wirkte sehr freundlich.
    
    "Du siehst aus, als wenn du wenig geschlafen hast. Nicht gut für den Geist. Du solltest früher ins Bett gehen. Ich selber schlafe gerne lange. Es tut gut und macht eine alte Frau etwas jünger!"
    
    Dabei lächelte sie mich noch immer an und schwenkte die Kanne hin und her.
    
    "Du bist doch nicht alt!", kam es von mir, obwohl ich sie noch immer nicht schätzen konnte.
    
    "Schmeichler. Ich bin älter als du glaubst. Aber wie jede andere Frau habe ich meine Mittelchen und Wege, mein Alter etwas zu verschleiern. Was schätzt du denn, wie alt ich bin!"
    
    Eine Fangfrage, die ich nicht zufriedenstellend ...
    ... beantworten konnte. Schätzte ich zu hoch, waren die meisten Frauen eingeschnappt, schätzte ich zu niedrig, glaubten sie, dass ich mich nur einschleimen wollte. Daher suchte ich nach einem Weg aus dem Dilemma.
    
    "Egal wie alt du bist, du siehst gut aus. Warum soll ich dann schätzen. Was würde das ändern?"
    
    "Diplomatisch!", meinte Asifa mit einem Grinsen im Gesicht, "wir werden später darauf zurückkommen. Was denkst du, was wir jetzt machen werden?"
    
    Um ehrlich zu sein, wusste ich es nicht, hatte keine noch so winzige Vorstellung davon, was kommen könnte. Also zuckte ich mit der Schulter und sah Asifa mit großen Augen an.
    
    "Du wirst es mir kaum glauben, aber ich auch nicht!", meinte sie und ihr grinsen wurde noch breiter. "Es ist schon lange her, dass mir jemand wie du begegnet ist. Sehr lange. Daher weiß ich kaum noch, was man in dem Falle macht. Aber das werde wir hin bekommen. Vielleicht zeige ich dir erst einmal, worum es geht. Es könnte dir die Augen öffnen. Danach kannst du erneut entscheiden, was weiter geschehen soll. Komm mit!"
    
    Asifa stellte die inzwischen leere Kanne auf den Boden und ging zur Tür des Wohnwagens. Sie ging hinein und ich folgte ihr. An dem Tisch angekommen, bot sie mir einen Stuhl an, auf den ich mich setzte. Sie selber setzte sich auf einen Stuhl daneben.
    
    "Versuche an nichts zu denken!", meinte Asifa auf einmal und hob ihre Arme, damit sie ihre Finger in einer bestimmten Weise auf meinen Kopf legen zu können. Dabei klang ihre Stimme anders ...
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