1. Samiras Großmutter


    Datum: 17.01.2020, Kategorien: 1 auf 1, Autor: Kastor Aldebaran

    ... ist es auch etwas anderes. Sie erzählt es mir nicht."
    
    Hier hielt sie einen Moment inne und in meinem Kopf, begann es zu rotieren. Asifa musste verrückt sein, vollkommen verrückt. Der Baum sah sehr alt aus. Sein Stamm hatte einen beachtlichen Durchmesser und war voller Narben, wobei die Rinde abblätterte. Der Baum hatte schon sehr viele Sommer gesehen und Stürme überlebt. Allerdings hatte ich keine Ahnung davon, wie alt so ein Baum werden konnte, hatte aber einmal gehört, dass sie uralt werden konnten und nur langsam wuchsen. Diesen hier schätzte ich auf mindestens achtzig bis einhundert Jahre, wenn nicht mehr. Nach meiner Ansicht war es vollkommen unmöglich, dass Asifa ihn gepflanzt hatte. Es sei denn, sie hatte ihn mithilfe eines Baggers irgendwo ausgraben lassen, als er schon alt war und hierher verfrachtet. Aber das schloss ich aus. Die Aussage von ihr, dass die Eibe böse wäre und ihr Geschichten erzählte, passte dazu.
    
    Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass dort etwas war, was ich nicht fassen konnte. Etwas Geheimnisvolles.
    
    Um das Gespräch etwas aus seiner düsteren Ecke zu holen, wollte ich das Gespräch auf ein anderes Thema bringen. Dabei fiel mir eine Frage ein, die mir schon länger auf der Zunge brannte.
    
    "Sag mal Asifa, hat dein Name eine Bedeutung. Ich habe mal gehört, dass bestimmte Namen etwas ausdrücken, sowohl im arabischen als auch zum Beispiel im asiatischen. Lotusblüte oder Ähnliches!"
    
    Asifa lächelte, ohne ihren Kopf zu mir zu drehen. Sie ...
    ... hatte ihrer Augen geschlossen und kaute genussvoll auf dem restlichen Keks herum, den sie sich zuvor in den Mund geschoben hatte.
    
    "Jaaa!", kam es lang gezogen von ihr, nachdem sie geschluckt hatte.
    
    "Er hat eine Bedeutung. Asifa heißt: der Sturm, das Gewitter. Möchtest du auch wissen, warum? Immerhin ist es nicht so schön wie Rosenblatt, zartes Pflänzchen oder begehrenswerte Frau?"
    
    Natürlich wollte ich das wissen, es klang sehr interessant und ungewöhnlich. Sicher steckte eine tolle Geschichte dahinter, ob wahr oder nicht, konnte ich natürlich nicht sagen.
    
    Also sagte ich Asifa, dass es mich sehr freuen würde, den Hintergrund zu ihrem Namen zu erfahren.
    
    Bevor sie damit anfing, griff sie nach ihrer Tasse, pustete einmal über den Rand hinein, testete die Temperatur vorsichtig mit den Lippen und nahm anschließend einen kleinen Schluck.
    
    "Wo soll ich nur anfangen. Es ist eine sehr dunkele Geschichte, eine traurige Geschichte. Wahrscheinlich wirst du sie mir nicht glauben. Aber ich werde sie dir so erzählen, wie man es mir berichtet hat, allerdings etwas verkürzt, denn sonst wird es zu lang. Das Wichtigste werde ich aber berichten. Ein Bild darüber musst du dir selber machen.
    
    Eigentlich muss ich schon zu der Zeit anfangen, als ich noch nicht geboren, nicht einmal gezeugt war. Meine Mutter, eine junge Frau, eines nur wenige Mitglieder zählenden Wüstenstammes, zog nomadisch durch die Halbwüsten Arabiens. Sie waren wieder einmal dabei, neue Weidegründe für ihr Vieh ...
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