Verführung eines Nerd
Datum: 04.03.2020,
Kategorien:
Medien,
Autor: magdi94
Meine erste Geschichte überhaupt... Nachdem ich nun seit über einem Jahr anonymer Leser war, fasste ich mir heut ein Herz und wollte etwas von mir veröffentlichen! Seid also nicht zu streng ;o)
Magnus L. war ein Nerd... Er war kein Streber. Er war einfach schlau. Er begriff schneller als andere, wenn es ihn interessierte... Er war von kleiner, schwächlicher Statur und die Stärke seiner Sehschwäche ließ leider keine stylischere Sehhilfe zu, als die unschönen Flaschenböden seiner Hornbrille. Er trug einen alten NVA-Parka, was an sich ja cool wäre, aber er tat es wegen der riesigen Taschen. Darin schleppte er Duct Tape, ein Vergrößerungsglas, einen Erste-Hilfe-Kasten, einen Toaster, einen Kleinbus und was nicht noch alles mit sich herum.
Ich habe nie mitbekommen, dass er im Sportunterricht je eine bessere Note als eine 3 gekriegt hätte. Jedes Mädchen (und folglich erst recht jeder Junge) unserer Klasse konnte schneller laufen, höher springen und weiter werfen und wäre in der Lage gewesen, ihn herumzuschubbsen. Er war ein Opfer. Aber es war langweilig, ihn zu malträtieren: nach 2-3 Schlägen nahm er den Kopf zwischen die Arme und kauerte sich zusammen.
Einmal aber wurde ich Zeuge eines Ereignisses, das mein Bild von ihm ins Wanken brachte: 4 Jungs aus unserer Basketball-Mannschaft waren gerade dabei, den Klassenprimus der Parallelklasse, mit der wir zusammen Sport hatten, in den Müllcontainer zu stecken. Er wimmerte und hatte sich vermutlich schon die Hosen benässt, als ...
... Magnus aus der Umzieh-Baracke kam. Schultern hochgezogen, Blick starr geradeaus. Ich stand hinter einer Hecke und machte mich klein – ich konnte alles sehen und jedes Wort hören und war doch unsichtbar. Er blieb stehen und sagte mit zittriger Stimme: „Lasst ihn in Ruhe!“ Dirk, der größte der vier, drehte sich zu ihm um. In seinem überheblichen Tonfall fragte er: „Du willst wohl seine Stelle einnehmen?“ Magnus wiederholte, merklich ruhiger:“Lasst ihn in Ruhe!“
Er hatte den Platzhirsch herausgefordert. Dirk würde vor seinen Jungs das Gesicht verlieren. Es musste Blut fließen. Man sah förmlich, dass er jeden Muskel anspannte. Es würde Blut fließen...
Dirk schritt auf ihn zu. Wie sie so dastanden war Dirk gut zwei Köpfe größer als Magnus. Die Sonne stand in Dirks Rücken, so dass sein Schatten auf den Winzling vor ihm fiel, wie bei David und Goliath. Das Bild passte allerdings, denn als Dirk gerade ausholte, um gegen Magnus' Kopf zu boxen, schlug dieser wie in Zeitlupe unter den letzten Rippenbogen seines Gegenüber. Später erfuhr ich, dass die Leber geprellt war. Mit chirurgischer Genauigkeit traf er die Stelle oberhalb des angespannten Sixpacks. Dirk sackte zusammen. Er sank erst auf die Knie und blieb dann gekrümmt liegen. Magnus half Sebastian aus dem Müll und ging mit ihm weg, als wären die anderen 3 Luft. Und so benahmen sie sich auch. Keiner rührte einen Finger. Keiner kriegte seinen Mund zu.
Das war eine der zwei Begebenheiten, die zu dem führten, wovon ich heute ...