1. Verführung eines Nerd


    Datum: 04.03.2020, Kategorien: Medien, Autor: magdi94

    ... schreiben möchte.
    
    Die andere begab sich zwei Tage später. Chemieklausur... Organische Chemie... Kohlenwasserstoffe, Ester, Alkohole... Ich war perfekt vorbereitet! Auf meinem Spickzettel standen nicht nur alle Antworten, sondern auch noch die Lösungen dreier möglicher Zusatzaufgaben. Wir wurden im Klassenzimmer verteilt. 3 Schüler pro Bankreihe, immer ein Platz dazwischen frei, reihenweise versetzt... Wie es der Zufall wollte, saß Magnus neben mir – natürlich nicht direkt – neben dem leeren Stuhl neben mir... Die Zettel waren ausgeteilt... 90Minuten... Zettel umdrehen... Ich überflog die Aufgaben. Bingo! Sechser im Lotto... Genau die Fragen, zu denen die Antworten in meinem Tafelwerk schlummerten... Ich begann zu schreiben... Name... Datum... Dann schlug ich mein Tafelwerk auf. Vorletzte Seite... Wo war das Blatt? Ich blätterte in dem Buch... Noch einmal... Jede Seite... Panik stieg in mir hoch... Wo war der verdammte Zettel? Ich sackte zusammen. Aus! Vorbei! Ich konnte genauso gut jetzt schon abgeben. Scheiße! Verdammt! Ich hätte in meinem Ranzen zu wühlen anfangen können, aber das hätte mir vermutlich nur noch schneller eine Null eingebracht... Ok... Ich hatte die Lösungen alle auf den Zettel geschrieben, ich wusste sie also eigentlich... Tief in meinem inneren... Irgendwo... Scheiße!
    
    Ich hatte mich durch 70 Minuten gequält und immerhin stand bei 3 der Aufgaben etwas, das ansatzweise so klang, als wüsste ich, wovon ich schrieb. Noch 20 Minuten, dann würde es so ...
    ... aussehen, als ob mir einfach die Zeit nicht ausgereicht hätte... Für 5 oder 6 Punkte würde es schon reichen... Da passierte das Unfassbare: Mit lautem Gepolter stürzte Magnus' Federtasche zu Boden. Er stand so abrupt auf, dass sich sein Stuhl dazugesellte. Er stammelte eine Entschuldigung und fing an, seinen Krempel aufzusammeln. Als er fertig war lag auf dem Platz zwischen uns, mehr auf meiner Seite, als auf seiner, ein sauber beschriebenes Blatt Papier. Ich zog es auf meinen Platz und stellte erst verwundert, dann mit wachsendem Entsetzen und schließlich mit jubelnder Dankbarkeit fest, dass da oben in der Ecke mein Name stand. Darunter folgten die Antworten auf alle Fragen in recht chaotischer Reihenfolge. Selbst die Handschrift erinnerte auf den ersten Blick an meine.
    
    Magnus gab ab. Er hatte nicht nur die Klausur in Rekordzeit geschrieben, er hatte sie zweimal aufgezeichnet... Er hatte meine Handschrift gefälscht und – wie ich später erfahren sollte – die Antworten ausgestaltet und noch einen Schusselfehler eingearbeitet, der dann aber durch die Zusatzaufgabe ausgeglichen wurde. Dieser kleine Nerd war nicht nur schlau – er war ein kriminelles Superhirn!
    
    Es dauerte nur eine reichliche Woche, bis ich das Ergebnis in meinen Händen hielt und etwa genauso lange, bis ich mir klar darüber war, wie ich mich erkenntlich zeigen könnte. Ja, ich bin eine Schlampe, was also liegt näher, als ihn nach Strich und Faden zu vernaschen?! Ich fing ihn Freitag am Ausgang ab und gab ihm einen ...