Aushilfe
Datum: 05.03.2020,
Kategorien:
Erstes Mal
Autor: byglheinz
"Jg. kräftiger Mann als Aushilfe f. Feldarbeiten (Bodenproben im ges. Landesgebiet) während der Semesterferien gesucht. Stundenweise Bezahlung und evtl. Aufwand. Tel.: 344 101-0."
Die Anzeige hing am Schwarzen Brett in der Mensa, in der ich manchmal aß. Ich hatte gerade mein Abitur, aber war noch kein Student. Einen Versuch ist's wert, dachte ich mir und meldete mich beim angegebenen Institut. Der Anruf führte zu einem persönlichen Gespräch, dies zum Vertrag. Das Institut der Hochschule war froh, endlich jemanden gefunden zu haben, jahrelang hatte sich nie einer gemeldet.
Mit meinem "Studentenjob" hatte ich gleich zwei weitere Punkte gemacht: Wegen des dringenden Bedarfs an einer Hilfskraft sorgte der Dekan höchstpersönlich für meine rasche Immatrikulation, vorbei an allen formalen Hürden, ab sofort. Ab sofort war ich Student der Geologie, ohne Wartezeit, ohne Praktikum und ohne Numerus Clausus. Apropos Praktikum: Zusätzlich zur Bezahlung wurde mir die Arbeit als Praktikum angerechnet, und zwar als, was damals ungewöhnlich war, bezahltes Praktikum!
Zusammen mit einem Mitarbeiter des Instituts für Bodenkunde und zwei Beamten des Landesamtes für Finanzen waren wir den ganzen Sommer über "im Gelände", also draußen in der Natur auf Äckern, Wiesen, im Wald und auf der Heide - aber auch im Moor, im Tagebaugelände und am Meeresstrand. Morgens um halb sieben fuhr der VW-Bulli vom Institut los, abends, meist erst kurz vor sieben Uhr, waren wir wieder zurück - es sei ...
... denn, wir übernachteten im Outback in einer billigen Pension, weil unser Einsatzgebiet zu weit weg von der Landeshauptstadt war. Freitags trafen wir immer etwas eher im Institut ein, denn der Fahrer musste vor dem Wochenende das Fahrzeug komplett ausladen und säubern, wie es ihm die Verwaltungsvorschrift vorgab.
Die beiden Beamten, einer als Fahrer, einer als "hoheitsberechtigter Staatsvertreter" oder ähnlich dabei, freute das: Sie hatten dadurch Überstunden, die sie sich fürstlich auszahlen ließen. Wir anderen zwei, Udo genannt Kalle und ich, wurden im Vergleich dazu nicht so gut bezahlt: Ich empfand es dennoch als leicht verdientes Geld und fühlte mich reich.
Meine Aufgabe war, die tiefen Löcher für die Bodenproben zu graben. Mindestens ein Meter fünfzig tief und möglichst so groß, dass sich ein Mann darin bewegen und arbeiten konnte, das war meine Vorgabe. Kalle sammelte in Laborbechern Proben des Bodens aus verschiedenen Tiefen ein. Harald, der "Hoheitsbeamte" des Landesfinanzamtes, musste das hoheitliche Protokoll führen: Wo, Wann, was, wer usw. Manchmal schickten wir ihn auch in die Grube und hatten unseren Spaß daran, dass er als relativ kleines Männchen grobe Probleme hatte, wieder aus der Tiefe herauszukommen. Selten war es leicht, so ein großes Loch zu graben, denn die Böden waren oft sehr hart und trocken oder sehr feucht und backig. Oder sie waren so locker, dass vom Rand her immer etwas nachsackte oder hereinrieselte. Podsol, Gley, Tschernosem-Schwarzerde, ...