Merlins Kinder 02: Sommerurlaub
Datum: 20.04.2020,
Kategorien:
Sci-Fi & Phantasie,
Autor: byPhiroEpsilon
... eine Geburt bedeutet, wenn sie sie nicht selbst erlebt hat."
Ich nickte wortlos.
Patrick räusperte sich. "Habt ihr denn meine Mutter noch einmal getroffen?"
"Du kannst dich natürlich nicht daran erinnern", sagte ich, "aber wir waren ein Jahr später mit dir in Irland."
"Konntet ihr den Zugang zu der anderen Welt finden?"
"Éabha hat mich zum Abschied geküsst", sagte ich. Dann zog ich mein Kleid ein Stück herunter. "Hier." Ich zeigte auf meine linke Brust.
"Oh!", sagten Svenja und Patrizia wie aus einem Mund.
"Häh?", machte Patrick.
"Wir blinden Männer können das nicht sehen", erklärte Frank. "Aber deine Mutter hat mir versichert, dass Éabhas Lippen dort zu sehen sind."
"Moment mal", sagte Svenja, wandte sich an Patrick, griff nach dem Kragen seines T-Shirts und zog ihn herunter.
"Was machst du da?"
"Ich weiß", sagte ich lächelnd. "Er hat das Mal auch. Von Geburt an. Das heißt, du kannst auch dorthin gehen."
"Und Éabha besuchen?"
"Leider nicht", sagte ich.
*
Ich fühlte einen leichten Sog. "Jetzt links", sagte ich und deutete auf einen Feldweg.
Frank bog ab und der Kleinbus holperte über eine kleine Brücke. Plötzlich wurde es heller, und aus dem Feldweg eine Wiese. Das Grün um uns her war plötzlich grüner und der Himmel über uns blauer.
Wie waren offensichtlich angekommen. ...
... Doch eine Sache war komplett anders als vor zwei Jahren.
"Wo ist Daraich?", keuchte ich.
Statt der riesigen uralten Eiche stand nur ein junger Baum in der Mitte der Wiese.
"Was ist passiert?"
Frank zuckte die Schultern und stieg aus. Ich tat es ihm auf meiner Seite nach.
Dann öffnete ich die Seitentür und holte unseren schlafenden Sohn aus seinem Sitz.
Frank nahm ihn mir ab. "Lauf hin", sagte er. "Ich kann sie ja sowieso nicht sehen."
"Éabha!", rief ich und rannte über die Wiese. "Éabha! Wo bist du? Wir sind zurück."
Blätter wirbelten und plötzlich stand sie da. Sie lächelte etwas zögernd. "Bist du Melanie?", fragte sie. Ihre Augen leuchteten grün, doch sahen irgendwie anders aus.
"Ja", sagte ich. "Erinnerst du dich nicht mehr an mich?"
"Ich bin nicht Éabha. Ich bin Máiréad Ní Éabha, ihre Tochter."
Ich erstarrte.
"Was ist los?", fragte Frank von hinten.
"Ist das mein Vater?", fragte Máiréad.
"Moment", rief ich Frank zu. Dann wandte ich mich wieder an Máiréad. "Wie alt bist du?"
Sie lächelte wissend. "Nach eurer Zeit etwas über ein Jahr. Aber hier —"
Zwei Wochen waren wie ein Tag vergangen. Ein Jahr —
Frank stellte sich neben mich. "Frank", sagte ich. "Ich weiß jetzt, was Éabha von der ganzen Sache hatte. Unser Sohn hat eine Zwillingsschwester. Herzlichen Glückwunsch, Papa."