1. Integration


    Datum: 10.05.2020, Kategorien: Medien, Autor: Anonym

    Hallo liebe Leser,
    
    schon lange lese ich die Geschichten hier im Web und habe mich nun auch entschlossen meine Geschichte zu schreiben. Da es sich hierbei um mein Leben handelt, habe ich lange gebraucht um den Mut aufzubringen es hier zu veröffentlichen.
    
    Mein Name ist Aylin und wie mein Name schon verrät habe ich einen Migrationshintergrund, so sagt man doch heute und weil es doch heutzutage erwartet wird, dass man dies nicht verleugnet, schreibe ich es auch ohne Scheu.
    
    Ich bin die Tochter von türkischen Einwanderern und habe die deutsche Staatsangehörigkeit, bin in Deutschland geboren und in einem niederbayerischen Dorf aufgewachsen. Wenn man in so einem kleinen Nest groß wird hat das bestimmt auch viele Nachteile, aber für mich persönlich kann ich nur sagen, es war ein Segen. Wir waren und sind in diesem Dorf immer noch die einzigen „Ausländer“, was sich im ersten Moment etwas blöd klingt. Aber wir waren von je her integriert in diesem Dorf, was auch sicherlich daran liegt, dass meine Eltern nicht diese typischen Türken sind, die so oft nach Deutschland einwandern.
    
    Meine Eltern kamen damals nicht aus wirtschaftlichen Gründen, sondern verließen die Türkei aufgrund politischer Probleme. Mein Vater ist Maschinenbauingenieur und arbeitete auch als solcher in Istanbul. Meine Mutter ging auch zur Uni, beendete diese aber ohne Abschluss, da zu diesem Zeitpunkt mein älterer Bruder im Anmarsch war. Meine Familie gehörte damals in der Türkei einer Studentenbewegung an, ...
    ... die für eine frei Türkei kämpfte, für eine Türkei ohne Einfluss des Islams in das politische Leben. Dies steht zwar in der Verfassung des Landes, doch im täglichen Leben sieht es da völlig anders aus. Als dann mein Vater wegen seiner Ideologie im frühen Berufsleben Probleme bekam, machte er sich mit meiner Mutter und meinem großen Bruder auf, auf ins gelobte Deutschland, wie so viele in dieser Zeit.
    
    Seitdem wohnen meine Eltern in diesem niederbayerischen Dorf, weil mein Vater von je her in diesem bayerischen Automobilwerk mit den drei Buchstaben arbeitet bzw. mittlerweile im Vorruhestand ist. Meine Mutter ging nie arbeiten konnte aber schon damals im Betrieb meines Vaters am dort angebotenen Sprachunterricht teilnehmen. Mein Vater ist seit mehr als dreißig Jahren im ortsansässigen Schützenverein aktiv und meine Mutter hatte, wenn auch mit dezimierten Deutschkenntnissen Anschluß an der Nachbarschaft. Vor 33 Jahren kam dann ich zur Welt und 8 Jahre später mein kleiner Bruder. Da wir schon früh in den Kindergarten gingen wuchsen wir mit den Kindern des Dorfes und der Nachbarschaft ganz ungezwungen auf. Wir spielten mit den Stefan und Markus, den Jungs von der Baufirma, mit Michaela und Jürgen, die Kinder des Bürgermeisters und meinen Vater kennen sowieso alle, weil er ja im Schützenverein ist.
    
    Nach meiner Realschulzeit begann ich eine Ausbildung zur Speditionskauffrau und lernte auf der Berufsschule auch meinen ersten Freund kennen. Er ist ebenfalls Türke und für mich war es ...
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