1. Zivilisation


    Datum: 04.11.2020, Kategorien: Schlampen Autor: SuzieQ

    Zivilisation drückt sich aus im Umgang miteinander. Man ist freundlich, höflich, und man lässt anderen Raum für deren Selbstentfaltung. Ich brauche etwas mehr Raum für meine Selbstentfaltung.
    
    Ich gehe gerne schwimmen, dazu brauche ich aber Platz. Wenn ständig jemand meine Bahnen kreuzt, komme ich aus dem Takt. Ich gehe gerne Tanzen, aber wenn mein Partner mir ständig auf den Füßen rumlatscht, komme ich aus dem Takt, und kann ich mich nicht entfalten. Wenn ich lachen will und ein anderer guckt sauertöpfisch, weil der Witz nicht stubenrein war, fühle ich mich beengt und eingeschränkt. Darüber hinaus gibt es natürlich noch eine ganze Menge weiterer Themen, was die Meinungsfreiheit anbetrifft.
    
    Frauen wie ich sind heute selbstbestimmt. Wir lassen uns nicht mehr gängeln. Manche Männer werden das wohl nie kapieren, hatte ich das Gefühl. Ich hatte da einen Freund, da war ich vierundzwanzig, der glaubte, einen alleinigen Besitzanspruch zu haben. Wir waren auf einem unserer jährlichen Stadtfeste im Sommer. Es spielten immer drei Bands gleichzeitig an verschiedenen Standorten, und sie waren alle gut. Ich war richtig in Stimmung und gut drauf. Mein damaliger maulte nur rum, zu laut, zu leise, zu schlecht.
    
    Ich hatte die Faxen dicke und ließ ihn stehen. Es begegnete mir ein Schulfreund, den ich lange nicht mehr gesehen hatte. Er war fröhlich drauf und rockte mit mir eine Runde bei einer der Bands. Ich könnte es jetzt hier abkürzen, daß wir schließlich miteinander gefickt haben, ...
    ... aber das will ich gar nicht. Es wäre schade drum.
    
    Mein damaliger Freund und ich lebten seit einem Jahr zusammen. Zwei Jahre zuvor hatten wir uns kennengelernt. Es schien zu passen. Dann wurde er immer bestimmender. Wann ich was zu tun und zu lassen hätte, das war sein Beitrag zu unserer Gemeinschaft. Vögeln konnte er ganz gut, er brachte mich regelmäßig zum Höhepunkt, aber er schränkte mich immer mehr ein. Meine Freiheit, meine Selbstbestimmung ging mir langsam verloren. Von Selbstentfaltung mag ich da schon gar nicht mehr reden.
    
    "Zieh Dich nicht so auffällig an", hieß es zum Beispiel, oder, "ein bisschen Schminke weniger tut es auch." Abends bestimmte nur er, was wir im Fernsehen sehen, oder welche Musik wir hören. Und bei solchen Gelegenheiten wie diesem Stadtfest war ihm auch alles nicht recht. Ich verabredete mich mit meinem alten Schulfreund für das nächste Wochenende. Er war Segler und lud mich zu einem Segelturn ein.
    
    Wir hatten Glück mit dem Wetter. Er segelte zu einer kleinen verschwiegenen Insel, wo man nur mit einem Boot hinkommt. Er half mir ans Ufer und kam mit einem Picknickkorb vom Boot, dann führte er mich auf eine kleine Lichtung, wo die Sonne voll erstrahlte. Er öffnete den Korb, und hervor kam eine Flasche Rotwein, die ja nicht gekühlt werden musste und kleine Snacks. Das fand ich niedlich und einfallsreich. Wir breiteten eine große Decke aus und ließen uns darauf nieder.
    
    "Wir können auch hinterher baden gehen", sagte er, "hier ist man ungestört." ...
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