Sangius Vita Est - Eine abendliche Elegie
Datum: 01.04.2019,
Kategorien:
Kunst,
Autor: Anonym
... sich als getriebener der Wollust zu offenbaren.
Oftmals fühlte er sich wie der junge Anatol: Einer der ewig begierte, ewig sich an den Oberflächlichkeiten des Lebens labte, und langsam begriff, dass er den rechten Sinn des selbigen schon längst aus den Augen verloren hatte.
Anderseits gefiel sich Caroso in der Rolle des Einsamen, des Suchenden; es hatte so etwas von dieser männlichen Lonesome-Rider-Mentalität.
Doch nun, als er die aufkommende Dunkelheit am Horizont aufsteigen sah, da war es ihm plötzlich als stürbe etwas in ihm, irgendetwas Altes, Gewohntes.
Es war ihm als würde er an einer Art Metamorphose teilnehmen, er hatte das Gefühl, dass alles anders werden würde!
Lag es an der schwülen Luft des Tages, dass er nun so seltsam gespannt war? Erschöpfung vom langen gehen in der Sonne?
Er beschloss zum Waltherplatz zu gehen, um einen kleinen Happen zu Essen.
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Ende April.
Die Maturaprüfungen an der Oberschule hatten soeben ihren letzten Tag erlebt und dementsprechend groß war der Drang, mal wieder groß Auszugehen und ein letztes Mal, vor dem Eintritt in einen neuen Lebensabschnitt, die Nacht zum Tag zu machen.
Fast die gesamte Gruppe des Deuschkurses hatte sich für 20.30 Uhr am Walther verabredet, und so wie man sich schulintern kannte, würden es weit mehr als die anberaumten 14 Frauen und Männer werden, die ausströmten um die Altstadt unsicher zu machen.
Unter ...
... ihnen war auch Esther, ein hübsches aber – im Verhältnis zu ihren Freundinnen- eher schüchternes Mädchen, mit hellbraunem Haar und weißer Haut, verschmitzten graugrünen Augen und einem halb niedlich, halb tollpatschig wirkenden Gang, der zwar dem Watscheln einer Ente weit mehr ähnelte als irgeneiner Form von Eleganz, aber geradezu geringfügig schien, im Vergleich zu ihren wohlgeformten Konturen und der Aura von Wärme und Fröhlichkeit, die sie ausstrahlte. Nichtsdestotrotz gab es Momente, in denen sich dieser Makel leicht als ein übergeordnetes Indiz verwenden ließ, um beispielsweise zu erklären, warum sie mit ihren 19 Jahren noch immer keinen Freund hatte.
Klar, es hatte den ein oder anderen Flirt gegeben, einer intensiver, einer weniger; aber über die gelangweilte Parodie von Petting war es noch nie hinausgekommen.
Geschweige denn einem Fundament für eine Beziehung, sei es auf körperlicher oder geistiger Ebene.
Im besten Falle natürlich beides, aber wer hoffte schon auf die Kuh, wenn er nicht einmal die Milch bekam.
Es war kurz vor sieben.
Sie stand vor dem großen Spiegel im Ankleideraum und konnte sich einfach nicht entschließen. Sollte sie ein kurzes Coktailkleid, dass ihr kaum über die Knie reichte, anziehen oder doch die beigen Hotpants in Kombination mit ihren glänzenden Seidenleggins?
Sie entschied sich für ersteres, allerdings streifte sie noch eine durchsichtige Strumphose über, man wusste ja schließlich nicht, ob die Nacht nicht doch kälter werden ...