1. Göttliche Fügung


    Datum: 25.09.2021, Kategorien: Romantisch Autor: Freudenspender

    ... heiraten?"
    
    "Ja, bei uns gibt es kein Zölibat."
    
    "Aber die Menschen haben Angst, Sie anzusprechen, weil Sie Pastorin sind?"
    
    "Kann schon sein."
    
    "Dann haben Sie auch mit Vorurteilen zu kämpfen?"
    
    "Wieso auch?"
    
    "So wie ich bei Ihnen", necke ich sie.
    
    Sie schaut mich leicht genervt an. Dann aber zieht sie die Mundwinkel nach oben und lächelt mich an.
    
    "Aber Pastor sind sie keiner", kontert sie.
    
    "Auch kein Heiliger", antworte ich lachend. "Bei Gott nicht!"
    
    "Auf eine so abwegige Idee wäre ich echt nie gekommen."
    
    "Ich hin aber auch nicht der Teufel."
    
    "In unserer Kirche gibt es keinen Teufel."
    
    "Dann nennen Sie es eben das Böse", antworte ich. "Ich bin, wie jeder andere Mensch auch. Ich habe gute und ich habe weniger gute Eigenschaften."
    
    "Sie wollen damit sagen, Sie sind doch gleich, wie ich."
    
    "Nun ja, als Mensch schon, äußerlich weniger", schmunzle ich.
    
    Erneut wird sie leicht rot. Trotzdem verschwindet das Lächeln nicht aus ihrem Gesicht. Ihre Augen funkeln noch ein kleines Bisschen stärker.
    
    "Das hat mir schon lang kein Mann mehr gesagt. Mit Anzüglichkeiten halten sich Ihre Geschlechtsgenossen bei einer Pastorin zurück", meint sie tadelnd.
    
    "Ich sehe sie aber im Moment eher als Mensch und Frau."
    
    "Kann man das trennen?"
    
    "Trennen wohl nicht, aber man kann den Schwerpunkt anders legen", antworte ich. "Ich hätte gedacht, das wäre genau das, was Sie sich wünschen."
    
    "Woher wollen Sie wissen, was ich mir wünsche?"
    
    "Ich schließe ...
    ... es aus Ihrer Kleidung."
    
    "Aus meiner Kleidung?"
    
    "Sie tragen Jeans und ein Top. Wenn man nicht weiß, dass sie Pastorin sind, würde man Sie für eine ganz normale, junge Frau halten. Sie möchten wie eine Partymaus aussehen. Und genau daraus schließe ich, dass sie auch als solche wahrgenommen werden möchten."
    
    "Sie glauben wohl, mich durchschaut zu haben. Dem ist aber nicht ganz so. Ich bin sehr in der Jugendarbeit engagiert. Wenn ich auf Teenager eingehen soll, muss ich mich auch kleidertechnisch auf ihre Stufe begeben", antwortet sie. "Glauben Sie mir, im Talar finden Sie keine Gesprächsbasis mit Teenies."
    
    "Das kann schon sein. Aber ich sehe keine Teenager."
    
    "Hier natürlich nicht. Weil Sie mich überredet haben mit Ihnen hierher zu kommen. Ich hatte, wie sie wissen, keine Zeit, mich passend zu kleiden."
    
    Ich will sie nicht weiter in die Enge treiben. Ich kann es an ihrem Blick sehen, dass ihr die Richtung nicht ganz gefällt, die unser Gespräch nimmt. Ich habe den Verdacht, ich habe sie ertappt, sie will es aber nicht zugeben.
    
    "Ihr Engagement für die Jugendlichen hat Sie heute zu mir geführt, nehme ich an."
    
    "Ja, es geht um Werner."
    
    "Der für mich arbeitet."
    
    "Gearbeitet hat."
    
    "Ok, was ist passiert."
    
    "Wo soll ich anfangen?"
    
    "Am Anfang", schlage ich vor.
    
    "Das wird aber eine längere Geschichte."
    
    "Wir haben Zeit bis morgen 7 Uhr", sage ich. "Bis zu Ihrer Frühmesse."
    
    "Na dann!", lächelt sie unsicher. "Sie haben es so gewollt."
    
    "So schlimm ...
«12...567...32»