1. Dr. Jekyll und Heidi Teil 05


    Datum: 18.09.2023, Kategorien: Romane und Kurzromane, Autor: byRomeoReloaded

    ... eingeschlossen!
    
    Blind vor Qual und Wut trommelte ich mit den Fäusten gegen das Holz, brüllte „Mach auf!", wieder und wieder. Nach einer gefühlten Ewigkeit, die in Wirklichkeit sicher nur Minuten währte, wurde der Schlüssel von außen gedreht und die Tür öffnete sich. Ich blickte auf zwei junge Männer in der weißen Kleidung von Krankenwagenfahrern.
    
    Einem trat ich aus Versehen hart auf den Fuß, als ich mich an ihnen vorbeidrängelte und splitternackt durch die Wohnung raste auf der Suche nach Heidi. Sie war nicht mehr da. Mit hängenden Armen blieb ich im Flur stehen. Unter den mitleidigen Blicken der Krankenwagenbesatzung, die mich garantiert für völlig übergeschnappt hielt und sich vermutlich fragte, ob sie besser Polizei zur Verstärkung anfordern sollte, sackte ich zusammen. Ein Heulkrampf schüttelte mich und ich begriff, dass Heidi endgültig gegangen war.
    
    Epilog
    
    Aus dem Krankenhaus zurückgekehrt, musste ich allen Mut zusammennehmen, um in den Spiegel zu blicken. Als ich mich endlich traute, mir selbst ins Auge zu sehen, nahm ich mir Zeit, mein neues Ich in Ruhe zu betrachten.
    
    Kochendes Wasser ist nicht das heißeste, was einen treffen kann. Sie hätte auch Öl in der Pfanne heiß machen können, dann wäre meine Haut verschmort wie Fleisch auf einem Grill. Trotzdem sind hundert Grad mehr, als ein Mensch aushält, vor allem, wenn die Haut großflächig betroffen ist.
    
    Eine klar erkennbare Linie ging längs durch mein Gesicht, teilte meine Nase exakt über die Spitze in ...
    ... rechts und links, während sie an Kinn und Stirn in leichten Wellen verlief. Die rechte Gesichtshälfte hatte den Angriff praktisch unbeschadet überstanden. Die linke Seite war jetzt stets gerötet. Es sah aus, als hätte ich permanenten Sonnenbrand. Die Fettaugen waren auch nicht heißer als das Wasser gewesen, hatten aber trotzdem hartnäckigere Verbrennungen hinterlassen, die sich wie gelbfleckige Tupfen über die Haut verteilten und jeden Tag juckten. Ein Fettspritzer hatte mein linkes Auge getroffen und die Oberfläche so weit verätzt, dass ich auf diesem Auge nur noch die Hälfte meiner Sehkraft besaß. Es sah aus, als hätte jemand mein linkes Auge matt lackiert statt glänzend.
    
    Mindestens eine Stunde lang starrte ich die Fratze an, die aus dem Spiegel blickte, bevor ich sie als mein Gesicht akzeptierte. „Hallo Dr. Jekyll, hallo Mr. Hyde", begrüßte ich die beiden Gesichtshälften. Wenn Heidi wirklich meiner inneren Wahrheit Ausdruck verleihen wollte, hätte sie es nicht besser hinbekommen können.
    
    Seit diesem Tag lebe ich allein in meiner Wohnung. Keine Frau hat sie je wieder betreten. Heidi blieb wie vom Erdboden verschluckt. Auch ein Detektiv, den ich auf sie ansetzte, konnte nichts herausfinden. Erst über ein Jahr nach ihrem Verschwinden, als ich in einer düsteren Ecke des Café Journal hockte, setzte sich plötzlich eine Kellnerin zu mir, die ich nicht kannte.
    
    „Ich habe früher mit Heidi zusammen studiert", eröffnete sie mir ohne Umschweife. Dann schien sie auf eine Reaktion ...