1. Ritual


    Datum: 19.07.2019, Kategorien: Insel der Scham, Autor: Anonym

    Mit weichen Knien trete ich an die Schwelle des Hauses. Mir fallen die vielen Arztpraxen im Hause auf. Am untersten Klingelschild steht Körpergefühl. Körpergefühl?
    
    Oh, das ist natürlich geschummelt. Die Damen haben sich einen tautologischen Anglizismus ausgedacht.
    
    Tautologien wirken immer magisch, nicht nur beim Fußball.
    
    Bodyfeeling. Magisch? Klingt eher modern und irgendwie unverfänglich.
    
    Das wird die Besucher der Arztpraxen nicht unbedingt anregen, noch mal nach dem Straßenschild zu schielen.
    
    - Stand da so was wie Herbertstrasse drauf? Ach was, wir sind doch nicht in Hamburg.
    
    Na, jedenfalls bin ich hier richtig.
    
    Mit leichtem Zittern drücke ich den untersten Knopf und höre den Gong in der Wohnung im Erdgeschoss.
    
    Dann die Antwort, das Schloss surrt.
    
    Jetzt kann ich nicht mehr zurück. Ein kleiner Druck und ich stehe vor der geöffneten Wohnungstür.
    
    Diskret hinter der Schwelle erwartet mich ein schlankes Geschöpf, mit roten Haaren.
    
    Beim Anblick ihrer zierlichen Gestalt überziehen bereits virtuelle Hände meinen Körper mit Streicheleinheiten.
    
    - Massage? Zupacken, Fleisch klopfen? Arme, Beine und Rücken kneten? Nein.
    
    Ich denke mehr an eine raffinierte Fuß-, Zehenmassage.
    
    Oh ja. Die kann bestimmt ihre schlanken Finger ganz langsam zwischen meine Zehen führen.
    
    Ein herrlich, kalter Schauder durchzuckt mich beim Gedanken an diese spezielle Massage, die mir vor vielen Jahren eine Freundin angedeihen ließ mit Multiorgasmen ausgehend von den ...
    ... Zehenzwischenräumen.
    
    Bis zu dem Moment, als ich dies zum ersten mal erlebte, wusste ich nicht, dass ich rechts und links, zwischen dem großen Zeh und dem nächst kleineren Zeh so etwas Ähnliches wie zwei weibliche Geschlechtsorgane besitze. Gleich zwei Möschen an meinen Füßen, zwischen den Zehen.
    
    Wenn ich dort von den schlanken Fingern einer weiblichen Hand behutsam berührt werde, dann geht das mir von tief unten, durch die Beine, über den Rücken, bis zum Hals in den Kopf. Ich frage mich jedes mal.
    
    - Fühlt eine Frau so, wenn Er tief in ihr drin steckt?
    
    - Hallo, komm rein ins Paradies, sagt meine Empfangsfee, mit ihrer hellen Stimme und führt mich aus meinem Tagtraum in ein abgedunkeltes Zimmer.
    
    Ich setze mich in den bereitstehenden Stuhl. Sie steht vor mir, wie eine artige Musterschülerin, die ansetzt, ihrem Lehrer die Hausaufgaben vorzutragen.
    
    - Ich heiße Nicole. Hast du besondere Wünsche? Bist du das erste Mal hier?
    
    - Ja, äh, nein, antworte ich mit bebender Stimme. Hier, hier bin ich heute schon zum zweiten mal. Ich habe für euch etwas aufgeschrieben. Gefällt dir das, wenn du meine erotischen Geschichten kennst? Mir geht es ja nicht darum, dass genau das passiert, was ich geschrieben habe. Willst du mein Manuskript lesen?
    
    Sie schaut mich mit skeptischen, aber leuchtenden Augen an. Trotzdem gelingt es mir nicht, ihre Mimik zu deuten. Ihre Augen funkeln, als sie meine Aufregung bemerkt.
    
    - Keine Angst. Wir sind alle nette Mädels. Die werden sich dir ...
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