1. Weeslower Chroniken - Teil V - 2007 - Kapitel 4 - Mila und Julia - Nackte Tage in Weeslow II


    Datum: 07.08.2024, Kategorien: Kunst, Autor: nudin

    ... nicht erkennen. Ihr Gesicht aber war sehr schön. Von lockigen, schulterlangen, dunkelbraunen Haaren umrahmt, mit schönen braunen Augen, einer recht großen, wohlgeformten Nase, einem breiten Mund mit vollen Lippen und süßen Grübchen in den Wangen. Und diese schönen Augen leuchteten vor Glück, die beiden anderen wiedergetroffen zu haben.
    
    „Wir wollten auch gerade losradeln.“
    
    „Etwa so?“ Ella deutete an den Mädchen herab.
    
    Mila zuckte nur mit den Achseln. „Na ja. Ist ein bisschen zu frisch heute morgen, um ganz und gar nackig zu fahren.“ Dann schaute sie kurz zum Himmel, an dem die Wolken allmählich aufrissen und immer mehr Blaues zum Vorschein kam. „Aber nachher vielleicht.“
    
    „Wo wollt Ihr hin?“
    
    Julia erläuterte ihr den Plan, erst den Jugendhof und dann die Wasserskianlage zu besuchen, während Mila nochmals hineinging und die üblichen Sachen – Handtücher, Handys, eine Geldbörse - zusammensuchte.
    
    Es stellte sich heraus, dass Ella katholisch war und auch schon in kirchlichen Sommerlagern war. „Das hier ist wohl ein bisschen anders, habe ich mir sagen lassen“, meinte Mila nur. „Aber immerhin sich wir beide als Katholiken da schon mal zu zweit.“
    
    Sie radelten vergnügt durch die Felder. Kurz bevor sie den Hof erreichten, erblickten sie auf einer Wiese davor vier Jugendliche, die mit Sensen das hohe, trockene Gras mähten. Das bisschen Regen vom Vortag hatte kaum Wirkung gezeigt. Die vier Jugendlichen trugen breitkrempige Sonnenhüte, grobe Hemden und Hosen, ...
    ... beziehungsweise das eine Mädchen einen langen Rock, alles in dem gleichen erdfarbenen Braunton. Julia winkte, als sie vorbeifuhren.
    
    „Ich dachte, die wären alle nackt?“ fragte Mila so leise, dass Ella es nicht hören konnte.
    
    „Kommt auf das Wetter an.“ meinte Julia nur.
    
    „Wer waren die?“ fragte nun Ella, die von hinten aufgeholt hatte. „Was hatten die denn für komische Sachen an?“
    
    Julia konnte das ungewöhnliche Erscheinungsbild schnell erklären. Aber sie erzählte erstmal, während sie weiter radelten, den anderen beiden, was es sonst noch so mit dem Jugendhof auf sich hatte. Es gab einige strenge Regeln: Es durfte nicht geraucht werden. Alkohol durfte nicht mitgebracht werden, sondern wurde allein von den Aufsichtsführenden ausgegeben. Das galt auch für Volljährige. Handys wurden eingesammelt und nur eine halbe Stunde am Tag herausgegeben. Fleisch war tabu. Es gab keinen Fernseher, nur während einer Fußball-WM oder –EM brachte Varnholt einen von zu Hause mit. Und was die Kleidung anging: Jedem, jung wie alt, war es erlaubt, so nackt und frei herumzulaufen wie er oder sie mochte. Da aber auch im Sommer nicht jeder Tag gleich schön und warm war, wie man ja wusste, gab es auch Kleidervorschriften, denn niemand sollte sich durch eigene Kleidung auszeichnen oder besser stellen. Also ein bisschen wie in einem Kloster. Sämtliche mitgebrachten Textilien – bis auf Schuhzeug - wurden verwahrt und nur für Ausflüge herausgegeben. Für die Zeit auf dem Hof, am See und drum herum wurde alles ...
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