Die kleine Diebin
Datum: 06.10.2019,
Kategorien:
Insel der Scham,
Autor: Anonym
... jeden Tag, daß man Rotkäppchen vorm bösen Wolf retten darf.“
„Aber nicht die Tür aufmachen, wenn er klingelt!“ bettelte sie.
„Keine Angst. Ich kann mich beherrschen.“
Dann zog ich die Gardinen zu. Es würde ja eh gleich dunkel sein. Anschließend ging ich in die Küche und setzte Kaffee auf.
„Kommen Sie zurecht?“ fragte ich.
„Ja, klar!“ antwortete sie. „Darf ich vielleicht die Badewanne benutzen? Die sieht so schön gemütlich aus.“
„Gerne. Aber Sie können nicht abschließen. Der Schlüssel ist verschwunden.“
„Ist bestimmt auch nicht nötig. Sie sind ja wohl ein Gentleman!“
„Danke für die Blumen. Dabei kennen wir uns gar nicht.“
„Sie haben mir schon so viel geholfen. Was würde ich nur ohne Sie machen?“
Ja, das wußte ich natürlich auch nicht. Ich ging jedoch nicht darauf ein.
„Die Badetücher sind im Schrank. Wenn Sie fertig sind, nehmen Sie sich ruhig, was Sie brauchen.“
„Danke. Sie sind sehr nett!“
Dann hörte ich, wie sie sich ein Bad einließ.
Zwischenzeitlich war der Kaffee fertig. Zufällig hatte ich auch eine halbe Schwarzwälder Kirschtorte im Kühlfach, die ich erst kurz zuvor frisch in der Konditorei gekauft hatte. Die war eigentlich für den Besuch meiner Mutter am nächsten Tag gedacht - aber ich konnte ja wieder neuen Kuchen kaufen. Man hatte ja nicht jeden Tag eine junge Frau zum Kaffeetrinken zu Gast. Und schon gar keine Unbekannte.
„Kommen Sie zurecht?“ fragte ich vor der Badezimmertür.
„Klar. Ich habe schon lange kein Schaumbad ...
... mehr genommen. Das ist toll. Wir haben nur eine Dusche zu Hause.“
„Das war eine Grund-Voraussetzung um hier einzuziehen. Ohne Badewanne oder ohne Terrasse ist eine Wohnung keine Wohnung.“
„Ja, Sie können sich das leisten. Wir nicht.“
„Ach, so teuer ist die Wohnung gar nicht. Möchten Sie ein Stück Kuchen?“
„Sie haben Kuchen? Was für einen denn?“
„Schwarzwälder Kirsch.“
„Oh, ich liebe Sahnetorten. Aber darf ich noch ein wenig in der Wanne sitzen? Es ist so kuschelig warm hier.“
„Wenn Sie möchten. Dann warte ich.“
„Danke. Sie sind so nett. Das habe ich gar nicht verdient.“
„Kann ich nicht beurteilen...“
Ich ging wieder in die Küche und deckte den Tisch.
Da hörte ich, wie es nebenan klingelte. Ich hatte das Fenster gekippt, so daß ich es hören konnte. Mein Nachbar, ein junger Mann, der als Binnenschiffer wohl eher zufällig zu Hause war, öffnete und fragte: „Was will denn die Polizei von mir? Habe ich falsch geparkt?“
„Nein, das nicht. Wir sind auf der Suche nach einer flüchtigen jungen Frau. Etwa Mitte 20, groß, kurze blonde Haare, schwarze Jeans, weiße Bluse. Sie muß hier vorbeigekommen sein. Vielleicht ist Sie Ihnen aufgefallen?“
„Nein. Ich bin gerade erst nach Hause gekommen.“
„Dann nichts für ungut. Einen schönen Tag noch.“
Ich war stutzig geworden. Die Beschreibung paßte ganz genau auf meinen Gast. Ich öffnete leise die Badezimmertür und fragte: „Darf ich mal kurz reinkommen?“
„Ich bin ganz nackt. Aber kommen Sie ruhig rein, es ...