1. Thao 07


    Datum: 26.11.2020, Kategorien: BDSM Autor: bySena78

    ... passieren.
    
    Wie stark und selbstsicher diese Frau nach außen hin wirkte und wie verletzt und enttäuscht vom Leben sie in Wirklichkeit war. Sie mochte die Herrin und Göttin ihrer Sklaven und Delinquenten sein, aber jeder von ihnen besaß wahrscheinlich mehr Liebe und Freundschaft um sich herum, als sie. Was half einem Aussehen und Besitz, wenn man sonst nichts hatte im Leben? Sie machte eine überraschende Feststellung. Vor ein paar Wochen hatte sie nur einen Penner als Freund und war trotzdem reicher gewesen, als diese Frau.
    
    Das Punkermädchen ging die Treppen zur Station hinunter, nur noch wenig Menschen waren zu diesem Zeitpunkt unterwegs. Sie sah auf eine der großen Bahnhofsuhren, es kam gleich der vorletzte Zug.
    
    Die Gedanken an Xena riefen ihr auch wieder Heinrich in Erinnerung. Warum musste er nur gehen? Thao spürte diesen unterschwelligen Druck in ihrem Magen. Trauer tat so weh. Sie versuchte, sich das Bild des Obdachlosen in Erinnerung zu rufen, doch war es schon nicht mehr detailreich genug, um sie zu trösten. Sie wehrte sich gegen die Wiederkehr ihrer Trauer, doch noch immer nahm er einen zu großen Platz in ihrem Herzen ein.
    
    Sie dachte an Karls Vater. Er hatte ihr am meisten Trost geschenkt und seine Worte hatten ihr sehr geholfen. Was hatte sie sich geschworen? Stimmt! Sie wollte ihrem Freund Heinrich nicht mehr im Wege sein, geschweige denn, seinen Wunsch nach Erlösung behindern. Sie blieb kurz stehen.
    
    Wie egoistisch eigentlich Trauer ist! Der Punkerin ...
    ... fiel das erst jetzt auf. Auch Karl trauerte um Simon und umgedreht wahrscheinlich auch, doch was war der Ursprung dieses Gefühls? Das nicht verzichten wollen auf Gemeinsames? War es nicht der Mensch an sich, sondern wirklich nur das, was er für einen selbst geleistet und bedeutet hat, was ihn einem wertvoll erscheinen ließ? Sie wollte nicht mehr an so etwas denken müssen. Es verunsicherte sie zu sehr und verdarb ihre Vorstellung von der eigenen, bisher gültigen Norm.
    
    Begleitet von einem jaulenden Geräusch lief ihre U-Bahn in der Station ein. Zielstrebig hielt Thao auf deren ersten Wagen zu. Hinter der Führerkabine war es am sichersten für sie.
    
    Sollte sie nach Hause? Sie grinste. Wo war das eigentlich?
    
    Sie dachte an ihren hageren, langhaarigen Freund mit seiner Brille. Wie sehr man sich in einem Menschen täuschen konnte. Wie wenig von dem Äußeren verblieb, wenn das Innere umso schöner war. Sie fragte sich oft, was er in ihr sah. Sie musste lachen. Wahrscheinlich eine Herausforderung.
    
    Thao ließ sich von ihrem Gefühl leiten und das konnte sie nur in eine Richtung führen. Sie wollte bei dem Menschen sein, den sie liebte und von dem sie das Gefühl hatte, dass er es erwiderte. Scheiße! Wie sehr hatte sie immer solche Gefühle zu verdrängen versucht und wie stark kehrten sie dennoch zurück in ihr Leben. Man konnte cool sein, wie man wollte, man blieb nicht davon verschont.
    
    63. Nächtliches Gespräch
    
    Thao versuchte, die Tür leise aufzuschließen. Wie selbstverständlich ...
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