1. Zuletzt ein geliebtes Haustier


    Datum: 23.06.2021, Kategorien: Fetisch Autor: byEmaSen

    ... Augen. »Warum ich dich gehen lassen muss. Warum ich dich nicht bei mir halten kann. Es ist besser für dich, so leidest du nicht lange an deiner Krankheit. Du wirst sehen, du wirst gleich einschlafen. Dann werde ich fort sein. Aber hab keine Angst. Bis dahin bleibe ich...
    
    Zuerst... Vielleicht noch eine letzte glückliche Erinnerung? Ja?
    
    Wie wir an der Steilküste entlangspazieren, du neben mir im Gras, an der Leine, mit Knieschonern und deinen kleinen Glöckchen an den Brustwarzen, die du immer so gerne gehört hast beim Laufen. Und wir schauen zusammen aufs Meer, das große graue Meer. Wo die Gischtkämme so einförmig hereingeweht kamen. Und dann -- ich weiß, es war falsch. Ich weiß, es ist absurd, verzerrt, geradezu pervers, aber ich habe -- ich habe mein Haustier geküsst. Dich. Du schienst gar nicht verwundert. Lässt dich einfach nur darauf ein für den kurzen Moment, wo sich die Kanten unserer Lippen treffen und das ehrfürchtige Zucken in unseren Körpern uns für eine lange Sekunde nur noch enger aneinander presst. Du weißt es noch?«
    
    Seine Stimme bricht mit einem Fisteln. Und zum ersten Mal seit sie sie hier abgelegt haben und ihr die fatale Spritze gegeben, meint er zu sehen, wie es um ihre Mundwinkel, die sich ein bisschen geschlossen haben, ob vor Erschöpfung oder nicht, wie ihre Mundwinkel ein klein wenig nach oben zucken.
    
    Und dann ...
    ... beginnen seine Tränen zu laufen. »Gott, ich habe mir drei Tage lang durchgehend meinen Mund ausgewaschen!« heult er, ungezügelt.
    
    Es ist das letzte Zucken, das ihrem Körper entkommt. Ihr Kopf sinkt zurück auf die Stahlplatte des Operationstisches. Das Narkotikum hat seine Wirkung vollendet. Ein langer, für ihn schier unendlicher, feuchter Hauch entströmt noch ihren Lippen. Dann bleiben ihre starren Augen stehen.
    
    Am ganzen Körper bebend hebt er seine Hand vor ihr Gesicht und streicht mit gespreizten Fingern ihre Lider runter. Dann tritt er an ihre Seite, und, nach einem langen schluchzenden Blick kramt er einen miniaturisken Schlüssel aus seiner Hosentasche. Er nimmt ihr Handgelenk und führt den Schlüssel in einen kaum sichtbaren Spalt im eisernen Schließring der schwarzen Fäustlingsfesseln. Sie schnappen mit einem Klack auseinander. Vorsichtig zieht er sie ab. Darunter kommt eine feingliederige Frauenhand zum Vorschein. Noch mehr weinend, aber mit unermesslicher Zartheit nimmt er sie zwischen seine eigenen Finger, die so viel gröber, so viel unbeweglicher sind als die jenes Mädchens, das er zu einem Hund niedergebrochen hat.
    
    An ihrem Ringfinger zeichnet sich die weißliche Narbe eines lang abgezogenen Ringes ab. Und er fragt sich, ob irgendwo in der Welt jemand in diesem Moment einen Stich im Herzen fühlt und sich unverhofft and Katrin erinnert. 
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